Uni mit Hirn

Während alternative Energieformen in der Stromwirtschaft noch diskutiert werden, scheint die Baubranche bereits einen Schritt weiter zu sein. Einige Nutzungsmodelle werden bereits umgesetzt. Ein effizientes Beispiel liefert der Unipark Nonntal der Paris Lodron Universität Salzburg (PLUS).

Die Paris Lodron Universität, nach Erzbischof Paris Graf von Lodron benannt, wurde bereits im Jahre 1622 in Salzburg gegründet. Heute ist die Universität an der Schnittstelle zwischen Altstadt und Nonntal mit 18.000 Studierenden und rund 2.800 Mitarbeitern die größte Bildungseinrichtung im Land Salzburg. Das neue Gebäude der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät präsentiert sich im besten Sinne auf zeitgemäßem Niveau.

Selbstverständnis für geistige Offenheit

Das augenfällige Gebäude der Architekten Storch Ehlers Partner ersetzt nach langer Projektentwicklung die in den 1960er Jahren provisorisch errichteten Plattenbauten. Bauherr ist die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Die Verschränkung zwischen wissenschaftlichem Betrieb und Öffentlichkeit ist mit einem variantenreichen Gefüge von Frei-, Innen- und Binnenräumen sowie vertikaler und horizontaler Durchlässigkeit geglückt. Ein Großteil der Kultur- und Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät mit rund 500 Räumen auf einer Nutzfläche von 17.000 Quadratmetern befindet sich im Unipark Nonntal.

Der markante Solitär überzeugt mit einer bemerkenswert sorgfältig ausgearbeiteten Materialisierung. Hunderte von Metalllamellen an der Fassade steuern das Tageslicht in den Universitätsräumen. Oftmals zitiert, wurde der Unipark Nonntal im Jahre 2012 mit dem Bauherrenpreis und Architekturpreis des Landes Salzburg ausgezeichnet.

Hoch effiziente Gebäudetechnik

Heute erfüllt das Gebäude nicht nur alle Voraussetzungen für eine offene Hochschule mit allen funktionalen Standards, sondern verfügt über eine Gebäudetechnik mit neuem, zentralisiertem Betriebssystem, für das sich Bauherr und Nutzer nach eingehender Prüfung einhellig entschieden haben. Das System für die Raumautomation ist neu, u.a. versorgen unsichtbare Wärmepumpen einer Geothermieanlage die Fakultät mit Heizenergie, die Verteilung erfolgt mittels Betonkernaktivierung. Klimatisierung, Lüftung und Beleuchtung werden über ein durchgängiges Automationssystem gesteuert. "Ein modernes Gebäude kann nur dann nachhaltig und energieeffizient betrieben werden, wenn sich die Gebäudetechnik optimal steuern lässt", so Matthäus Rieger, technischer Leiter des Uniparks.

Praxisnahe Visualisierung

Im Gegensatz zu herkömmlichen Leittechnikkonzepten wird die Gebäudetechnik als durchgehende Einheit erfasst und zentral zugänglich gemacht. Diese neue Logistik namens XAMControl-System vereinfacht die Nutzung wesentlich: Damit kann die Steuerung von 60 Punkten, die in der Ausschreibung festgelegt worden waren, auf 12 Betriebszentralen reduziert werden, wovon je zwei für die Ausfallsicherheit parallel laufen. Reguliert wird in den Zentralen nicht mehr über Schalter und Drehregler, sondern über Multitouch-Monitore, auf denen alle technischen Ebenen benutzerfreundlich grafisch abgebildet sind. Dieses System unterstützt XAML, damit können in CAD-Systemen erstellte Objekte zusätzlich übernommen werden. Die praxisnahe Visualisierung erübrigt weitere Haustechnikpläne, sofern alle Gebäudefunktionen erfasst sind. "Das Programm ist so weit geöffnet, dass ich alle Parameter, Sollwerte und Schiebekurven für die optimale Betriebsführung einstellen kann", ergänzt Rieger. Selbst Excel-Parameter können bei Bedarf ergänzt und die Software mit anderen Systemen verknüpft werden.

Benutzerfreundlich

Für eine schnelle Inbetriebnahme der Gebäudeleittechnik werden die SPS-Einheiten visualisiert. Das heißt, dass die eigentlichen Automatisierungsfunktionen losgelöst von der Feldebene programmiert und getestet werden können, bevor sie in die tatsächlichen Steuerungen in der Laufzeitumgebung ausgerollt werden. Die Verteilung der Daten auf den verschiedenen Hardwareplattformen übernimmt dabei das automatische Routing des Systems. "In der Praxis nutzen wir diese Option aber hauptsächlich zur schnellen Überbrückung von Störungen und zum Aufbau von Redundanzen", erklärt Andreas Leitner, Software-Entwickler und einer der Geschäftsführer von evon. Ist beispielsweise ein Steuergerät defekt, kann seine Funktion entweder im virtuellen Raum weitergeführt oder einfach auf eine andere SPS übertragen werden. Änderungen in Raumkonzepten lassen sich auf diese Weise flexibel in die Steuerung übernehmen, wobei auf eigene Steuerserver verzichtet wurde. Auf der Serverfarm des Uniparks Nonntal laufen inklusive Medientechnik 11.700 Datenpunkte zusammen. Jeder Vortragende kann aus einem Touch-Panel Raum- und Lichtkonfigurationen wählen. Lüftung, Wärmepumpen und Kältemaschinen werden von den Bedienzentralen aus gesteuert. Die Sollwerte für die Raumtemperatur werden über die Leittechnik bestimmt, jeder Nutzer kann diese bei Bedarf zusätzlich neu temperieren. Dies gilt ebenso für die Sonnenschutzlamellen in den Obergeschoßen, die drei Mal täglich je nach Sonnenstand und Gebäudeseite reguliert werden.

Neues Pilotprojekt mit TU Wien

Derzeit wird die neue SmartMSR-Regelung an der Technischen Universität Wien getestet. "Ziel der intelligenten Regelung ist es, in den nächsten Jahren die Betriebskosten weiterhin zu minimieren", fasst Technikleiter Rieger die Erwartungen an das laufende Projekt zusammen.

Der Software-Entwickler evon arbeitet inzwischen schon an einem neuen Großprojekt: der Gebäudeleittechnik für ein neues Rechenzentrum der Stadtwerke München. lipp

Weitere Informationen zum Unipark Nonntal: www.uni-salzburg.at, www.evon-automation.com

Fotos: Andrew Phelps