Gebäude mit Power - Siemens schafft Mehrwert

Rund 450 Mitarbeiter der Siemens Gebäudemanagement & -Services G.m.b.H. (SGS) sind mit Projektentwicklung, Planung, Errichtung, Umbauten bis zum Gebäudemanagement von Bürogebäuden, Rechenzentren, Gewerbeobjekten, Bildungseinrichtungen, Einkaufszentren beschäftigt. QUER wollte mehr über Lebenszykluslösungen für Gebäude wissen:

Haben Sie ein Beispiel, das diesen breiten Tätigkeitsbereich illustriert?

Manfred Völker: Der Lebenszyklus einer Immobilie umspannt mehrere Phasen, beginnend bei der Idee über die Planung, Errichtung, Nutzung und gefolgt von einer oder mehreren Umstrukturierungen bzw. Neunutzungen bis hin zum Abriss.

Woran wir heute arbeiten, kann man unter folgenden Schlagworten zusammenfassen: Integration - das Ineinanderfließen der einzelnen Phasen, d.h. Schnittstellen aufzulösen und damit diese Phasen durchgängig zu gestalten. Ein Beispiel dafür ist die "facilitäre Planung". Damit lässt man bereits in die Planungsphase das Know-how aus der Betriebsphase einfließen.

Flexibilität - Voraussetzungen schaffen, um mit möglichst geringem Aufwand eine Immobilie unterschiedlichen Nutzungen zuführen zu können.

Werterhalt - Aufgabe dabei ist es, den Wert der Immobilie während der Nutzungsphase zu erhalten und den Bauherrn möglichst nicht mit unvorhersehbaren Kosten zu belasten.

Unser Paradehaus ist die FH St. Pölten. Das Projekt wurde 2004 europaweit ausgeschrieben. "Wir haben ein Grundstück!" - viel mehr war zu dem Zeitpunkt nicht bekannt. Nach einer intensiven Planungsphase war das Gebäude 2007 für bis zu 2.000 Studierende fertig gestellt und ging noch im selben Jahr in Betrieb. Seither sind wir für die Betriebsführung verantwortlich.

Wie wird eine Lebenszyklusanalyse mit Standortbewertung, Finanzierungsmodell, Nutzungsszenario, Beteiligungskonzept, Bau- und Haustechnik erstellt?

Mit unserem Team von Ingenieuren im Bau-, Elektro- und HKLS-Bereich (Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär, Anm.) und als Anlagenbetreiber haben wir die Expertise, dass unsere zuvor berechneten Werte im Betrieb überprüft werden können. Abweichungen werden aufgezeigt und fließen in die Planung zurück. Dadurch erhöhen wir unsere Planungsexpertise und -präzision von Projekt zu Projekt. Wir greifen bereits jetzt auf sehr viele Gebäudedaten zurück, die wiederum Grundlage für folgende Planungen bzw. Errichtungen sind. So konnten wir in den vergangenen Jahren Erfahrungen mit verschiedenen Nutzern sammeln, wie z.B. Rechenzentrumsbetreibern, Bürovermietern, Schulerhaltern, etc. Wir können damit Lebenszyklusszenarien und -kosten für unterschiedliche Nutzer darstellen. Unsere Daten werden in Datenbanken eingepflegt und durch eine spezielle Lebenszyklus-Software ausgewertet. Der Mehrwert für den Auftraggeber besteht darin, dass wir Veränderungen während der Planung und Errichtung und somit mögliche Kostenoptimierungen über den gesamten Lebenszyklus hin abbilden können.

Finanzierungen jeder Art – seien es Fremd - oder Eigenfinanzierungen - werden ebenso berücksichtigt. Hier arbeiten wir mit dem Auftraggeber zusammen und stellen uns auf seine Wünsche ein. So er nicht seine Hausbank bevorzugt, stellen wir gerne den Kontakt zur Siemens Financial Abteilung her. Grundlage des Finanzierungsmodells sind die Lebenszykluskosten.

Rund 40 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs entfallen auf Gebäude. Für Ihre Analysen werden nicht nur ökonomische, sondern auch ökologische und soziokulturelle Aspekte eingeschätzt und bewertet. Wie sieht das konkret aus?

Wir wissen, dass rund 20 Prozent der gesamten Lebenszykluskosten auf die Errichtung eines Gebäudes entfallen, 80 Prozent jedoch auf den laufenden Betrieb, womit auch der Löwenanteil der Energiekosten in die Betriebsphase fällt. Konkret geht es um ein ganzes Bündel von Maßnahmen:

Einerseits müssen bereits in der Planungsphase alle beteiligten Planer den optimalen Betrieb im Blickpunkt haben (Stichwort: facilitäre Planung), andererseits ist auf technischer Ebene für eine optimal eingestellte Gebäudeleittechnik zu sorgen (Stichwort: ausgewogener Kosten- und Wohlfühlfaktor). Darüber hinaus darf während des Betriebs das Nutzerverhalten nicht aus den Augen verloren werden, da er ja einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Energieverbrauch und damit auf die Lebenszykluskosten (Stichwort: Schulung der Nutzer) hat.

Die Umsetzung dieser Maßnahmen gewährleistet eine erhöhte Kunden- und Nutzerzufriedenheit, die wir regelmäßig im Rahmen von Interviews erheben. Auch so setzen wir Anregungen in Übereinstimmung mit den Kunden um.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der Instandhaltung und Modernisierung von Gebäuden?

Gebäude waren in der Vergangenheit starre Einrichtungen. Instandhaltungen und Modernisierungen waren lediglich dazu da, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Heute sind Gebäude eine dynamische Einheit, die auf ihren Nutzer laufend abgestimmt werden müssen.

Wie weit können die viel diskutierten Nachhaltigkeitsziele von einer effizienten Planung und Errichtung eines Gebäudes bis hin zum Facility Management wesentlich beeinflusst werden? Welche Bereiche decken Sie im FM ab?

Eines funktioniert sicher nicht: teuer zu errichten und dann billig zu betreiben. Man errichtet und betreibt günstig, wenn man den späteren Betrieb bereits in der Planung berücksichtigt, im Betrieb für die Optimierung der Anlagen und Systeme sorgt und den Nutzer in die Verantwortung für einen optimalen Betrieb mit einbezieht. Dafür sind Informationsaustausch und adäquate Kommunikation zwischen allen Beteiligten erforderlich.

Trennen wir uns von der Annahme, dass ein Gebäude nur aus Errichtungskosten besteht: Die Gesamtkosten bestehen aus Planungs-, Errichtungs- und den laufenden Kosten. Zur viel zitierten Nachhaltigkeit gelangen wir nur, wenn alle Beteiligten, egal, ob Fachplaner, Architekt, Generalunternehmer, aber vor allem der Bauherr selbst, den Lebenszyklus (und damit die Lebenszykluskosten) als Basis verstehen. Nur wenn alle am Strang der Nachhaltigkeit ziehen, wird diese auch erreicht werden. Als SGS sind wir verantwortlich für die technische Infrastruktur, sei es in der Planungs-, Errichtungs- oder Betriebsphase. Für uns, als Siemens gilt: Technik unsere Stärke.

Welche Projekte der letzten Zeit haben besondere Herausforderungen bedeutet? Welche Bereiche decken Sie im FM ab?

Dazu zählen insbesondere Rechenzentren. Der Bedarf an diesen hochkomplexen Immobilien bzw. Immobilienteilen steigt stetig. Grund ist der rasante, weltweite Anstieg des Datenvolumens (Social Media, Big Data, etc.). Die Anforderungen an eine gesicherte Energieversorgung und Kühlung sind dabei besonders hoch. Ausfälle dieser Infrastrukturen sind ein "No Go" und damit ist spezialisiertes Know-how in der Planung und im Betrieb unbedingt erforderlich.

Wo liegt Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bezüglich Lebenszyklusbetrachtung/Nachhaltigkeit?

Ich meine im Mittelfeld. In Österreich erfolgt die Vergabe öffentlicher Aufträge zum Großteil noch immer nach dem Billigstbieterprinzip. In dieser Form ist es sehr schwer, Nachhaltigkeit zu erreichen.

In der Schweiz ist man hier schon weiter, nicht der Billigstbieter erhält den Auftrag, sondern der mit dem wirtschaftlich günstigsten Angebot, wobei dieses ein Mix aus Qualität, Preis, Wirtschaftlichkeit, Kundendienst oder auch Umweltverträglichkeit ist. In Österreich ist dies leider bis dato per Bundesvergabegesetz noch nicht definiert.

www.siemens.at/sgs
www.kommunalwirtschaftsforum.at

Manfred Völker studierte Technische Mathematik an der TU Wien und ist seit 2008 Geschäftsführer der Siemens Gebäudemanagement & -Services G.m.b.H. (SGS).
Davor leitete er das Medizintechnikunternehmen Dräger Medical Austria GmbH und war Account Management in der Siemens AG Österreich.

Fotos: Siemens AG