„Nobody was going to stop me“

So David Adjaye über seinen unbeugsamen Willen, Architekt zu werden. Und was für einer: Geboren in Tanzania, ausgebildet in London, unlängst von der Queen of England zum Sir geadelt, macht er mit seinen im Jahr 2000 gegründeten Adjaye Associates weltweit Architekturprojekte mit sozialem Anspruch – und gestaltete zuletzt eines der prestigeträchtigsten US-Museen, das Smithsonian’s National Museum of African American History and Culture, NMAAHC, in Washington.

Von Nana N. Aiassi

Für David Adjaye bedeutet dieser soziale Anspruch: Demokratisierung von Wissen und Transfer von Fertigkeiten. Das ist der sprichwörtlich rote Faden, der seine in Größe, Konzept, Struktur und Material sehr unterschiedlichen Projektezusammenhält. Wenn Projekte diesem Prüfstein nicht standhalten, werden sie auch schon mal abgelehnt. Die notwendige Empathie, um den jeweiligengeografischenund kulturellen Kontext zu erfassen, scheint Adjaye mehr als ausreichend zu haben  – vielleicht auch infolge der verschiedenen Einflüsse auf seinem Weg zu einem der renommiertesten schwarzafrikanischen Architekten, als der er derzeit von der Architekturszene gefeiert wird.

Wobei diese Bezeichnung mit Vorsicht zu genießen ist. Er gibt in seinen Interviews offen zu, dass es einen gewissen Rassismus in der Architektur gibt, der zwar nicht aggressiv, aber stets vorhanden sei. Er aber möchte nicht die Ausnahmeerscheinung sein, zu der er derzeit gemacht wird, sondern mit seinen facettenreichen Projekten die Diversität in der Architektur fördern.

Smithsonian National Museum of African American History and Culture, NMAAHC, in Washington – Innenansicht  © Foto: Alan Karchmer

Innen gestaltete Adjaye den Raum ohne Säulen und mit viel natürlichem Licht. / Foto: © Alan Karchmer
 

Gestalten mit Licht und Material

Geboren 1966 in Tanzania als Kind ghanaischer Eltern, machte er sich – nach dem Abschluss der London South Bank University und des Royal College of Art – einen Namen mit dem Entwerfen einer Serie kleiner Häuser und Ausstellungskooperationen mit Künstlern wie Chris Ofili (The Upper Room, nun Teil der Sammlung Tate Britain) und Olafur Eliasson (T-BA 21 Pavillon in Venedig). Von Beginn an arbeitete Adjaye gerne und bewusst mit Künstlern und Querdenkern zusammen.

Diese Projekte erregten Aufmerksamkeit, weil er Licht als zentrales Gestaltungselement der Architektur verwendete und unterschiedliche Materialien geradezu genial einsetzte und miteinander kombinierte.

Smithsonian National Museum of African American History and Culture, NMAAHC, in Washington – Aussenansicht  ©Foto: Alan Karchmer

Die dreiteilige „Krone“ symbolisiert Glaube, Hoffnung und Resilienz. / Foto: © Alan Karchmer
 

Eine afrikanische Krone für Washington

Es folgten Aufträge für die Moskau Management-Schule, das Museum für zeitgenössische Kunst in Denver und das Nobelpreis-Friedenszentrum in Oslo und 2009 der Gewinn des Wettbewerbes für das NMAAHC, das Smithsonian’s National Museum of African American History and Culture in Washington DC. Heißt im Detail: 400.000 qmNutzfläche, 540 Millionen Dollar Baukosten, mehr als 3.000 Ausstellungsobjekte von einem Teil eines Sklavenschiffes bis zur Olympiamedaille von Carl Lewis, 200 Mitarbeiter, 12 Eröffnungsausstellungen. Bauzeit für das Museum, das nicht nur Ausstellungsräume, sondern auch Büros, das Oprah Winfrey Theater, Sweet Home Cafe und Depots bietet: November 2012 bis September 2016. David Adjaye fungierte dabei als Leaddesigner eines Zusammenschlusses von The Freelon Group, Davis Brody Bond, the SmithGroup und Adjaye Associates.

„Das perfekte Gebäude gibt es nicht“

In Interviews beschrieb er den finalen Pitch für das Projekt, vor Persönlichkeiten wie Talk-Queen Oprah Winfrey und Staatssekretär Colin Powell als „Feuertaufe“. Er sah sich mit Fragen wie „Wer sind Sie?“ und „Warum sollten gerade Sie das Projekt machen?“ konfrontiert. Als er Idee und Konzept vorstellte, gab es so viel Kritik, dass es sich zeitweise wie ein „Blutbad“ anfühlte.


"But we ended up with a building that's got 90 per cent of what we wanted, which for architecture is pretty damn great."
David Adjaye im GQ-Interview


Drei Gestaltungselemente setzen das Gebäude sowohl mit seiner Umgebung als auch mit der langen, afrikanischen Tradition in Amerika in Beziehung: Die Form als Krone ist inspiriert von einem Karyatiden-Symbol des Yoruba-Stammes (Anm.: Neben Igbo und Haussa einer der drei Hauptstämme in Nigeria). Die Bronzegitter, die es wie einen Umschlag einhüllen, sind ein Verweis auf die afrikanisch-amerikanische Handwerkstradition der Metallbearbeitung in Louisiana. Und die Auskragung in die Landschaft mit Veranden öffnet das Gebäude zur Umgebung hin.

Smithsonian National Museum of African American History and Culture, NMAAHC, in Washington – Fassade  ©Foto: Alan Karchmer

3.600 variable Metallgitter bilden eine lichtdurchlässige Außenhaut. / Foto: © Alan Karchmer
 

Die insgesamt 3.600 bronzefarbenen Gitter mit einem Gesamtgewicht von 230 Tonnen können, je nach Sonnenstand und -intensität, verstelltwerden, um Licht und Transparenz im Inneren zu variieren. Als Vorlage verwendete Adjaye ein Originalmuster aus New Orleans und veränderte es mit einem Algorithmus. Untertags verändert die metallische Gitterstruktur ihr Aussehen je nach Tageszeit, bei Nacht leuchtet und strahlt die „Krone“ von innen – und verdeutlicht so die vier Prinzipien Widerstandsfähigkeit, Spiritualität, Hoffnung und Optimismus für die das NMAAHC mit seinen vielfältigen Aktivitäten steht.

David Adjaye: Mit seinen Büros in New York und London arbeitet David Adjaye, geb. 1966 in Dar es Salaam, Tanzania, derzeit u.a. an den Plänen für ein neues Kunstmuseum in Riga, Lettland und an einer Kinderkrebs- und Forschungsklinik in Kigali, Ruanda. Seine Fotoschau Urban Africa, 2010, im Design Museum in London hat weltweit Aufsehen erregt. Er lehrte am Royal College of Art und an der Architectural Association School in London, in Pennsylvania, Yale und Princeton, derzeit unterrichtet er in Harvard. Adjaye ist Co-Präsentator der BBC SerieDreamspaces und Präsentator der Dokumentation Building Africa: The Architecture of a Continent.

Titelbild: Portrait David Adjaye / Foto: © Ed Reeve