Der afrikanische Design-Held

EDIDO-Designer des Jahres 2014, Europa-Kommissär für zeitgenössisches afrikanisches Design, Gründer der Association des Designers Africains, ADA– Der malische Designer Cheick Diallo studierte Architektur und Interieur Design in Frankreich und entdeckte dort das enorme Potenzial, das in Handwerk steckt. In Afrika überzeugt er damit mehr und mehr Menschen. Diese Tage fand die Design Indaba in Südafrika statt. Rokia Diabaté bat Cheick Diallo in seinem Atelier in Bamako zum Gespräch.

Bamako, Mali – „Wenn man Designer ist, ist man Designer. Punkt!“ – Cheick Diallo, 57, lässt sich nicht als afrikanischer Designer in eine Schublade stecken. Es ist ihm wichtig, dass die Aufgaben und Herausforderungen eines afrikanischen Designers nicht auf eine bestimmte geografische und geopolitische Zone beschränkt werden. Cheick Diallo produziert seine Designobjekte selbst, aber stets im Team. Seine Möbel und Objekte sollen funktionell und auf die Bedürfnisse von Menschen abgestimmt sein, so sein Credo. Dennoch spiegelt Diallos Arbeit eine starke Identität, die eng mit der traditionellen Fertigkeit (west)afrikanischen Handwerks verknüpft ist. Im Handwerk schöpft Diallo neue Ideen für seine Arbeit, die die (west)afrikanische Gegenwart aufspürt, überträgt, mitgestaltet und so vermag, das „Bild“ Malis und Afrikas, auch in der westlichen Welt, dauerhaft zu verändern.

Cheik Dialo in seinem Atelier © Foto: Cheick Diallo

Es ist abends und noch immer sehr heiß, der Ventilator über uns kühlt Diallos Atelier nur mäßig. Spärliches, warmes Licht fällt von großen orangefarbenen Deckenleuchten. Italienisches Design, made in the Seventies. Cheick Diallo liebt diese Leuchten, die er von seinem Vater, der erste „offizielle“ malische Architekt, geerbt hatte. Diallos sehr unterschiedliche Möbel flankieren das Atelier: Tische, Stühle, Fauteuils, Schränke, ein Vogelkäfig für allerlei Vögel, die seinem Vater einfach zugeflogen sind, und vieles mehr. Ich habe Glück, die Begegnung findet noch statt, mein Rückflug nach Paris ist am nächsten Tag: Cheick Diallo kommt soeben aus Deutschland, wo er an der Gruppenausstellung flow of forms  – Designgeschichten zwischen Afrika und Europa im Kunstraum München beteiligt ist.

Diallo ist ein herzlicher, offener Mensch. Der wohl bekannteste Designer Afrikas ist ganz im Hier und Jetzt. Er hat nichts Spleeniges, keinerlei manierierte Attitüden an sich und trägt auch keine Designerbrille. Völlig entspannt nimmt er in seiner boubou (Anm.: bambara für Djellaba) in einem Fauteuil Platz. Mit seiner weichen Stimme beginnt er über seine Arbeit zu erzählen.

Cheick Diallo 3 ©Cheick Diallo

„Es ist eine Geschichte zwischen Männern und aus Begegnungen, die zu einer Arbeitsmethode und einem Prozess führt. Und letztlich in einem Objekt. Es ist eine Hommage an die Hände, nicht an Maschinen! Und an Gewitztheit!
Cheick Diallo

Cheick Diallo 4 ©Cheick Diallo

Welches Bild haben wir von afrikanischem Design?

Diallo studierte Architektur in Rouen und Möbeldesign an der École Nationale Supérieure de Création Industrielle (ENSCI) in Paris. In Frankreich entdeckte er das enorme Potenzial, das in Handwerk steckt und interessierte sich mehr und mehr für Design, Interieur Design und Gebrauchsgegenstände, die gegenwärtigen Bedürfnissen angepasst sind. Heute teilt er seine Zeit zwischen Afrika, Frankreich und dem Rest der Welt, projektbezogen arbeitet er auch mit französischen Architekturbüros zusammen. Seine Ausstellungstätigkeiten nehmen mittlerweile viel seiner Zeit in Anspruch, er hält viele Workshops. Cheick Diallo ist ein neugieriger, offener Geist, mit dem Bewusstsein und natürlichen Stolz eines Maliers, der bambara spricht, das altehrwürdige Erbe einer zumeist mündlich überlieferten Kultur. Diallo erzählt von seinen Entdeckungsreisen verschiedenster Materialien und Texturen, von seinem spontanen Zugang zu Kreation und Design. Die Zauberformel lautet: Tun. Diese spielerische Leichtigkeit ist in Diallos  Schaffen sicht- und spürbar – mit einer hohen haptischen Qualität. !

In Cheick Diallos Atelier in Bamako ©Foto: Cheick Diallo

Cheick Diallo 5 ©Cheick Diallo

In Cheick Diallos Atelier in Bamako © Foto: Cheick Diallo

In Cheick Diallos Atelier in Bamako / © Foto: Cheick Diallo
 

Seine Philosophie: der kreative Akt im Kollektiv. Teamgeist und Gruppenzugehörigkeit werden in Afrika groß geschrieben. Stets mit Humor und einer Großzügigkeit, die Neues zulässt und möglich macht. Zwei Eigenschaften, die in Afrika übrigens häufig anzutreffen sind: sinankunya –Humor und Spaß – die auch angespannte, konfliktgeladene Situationen entwirren können. Eine tagtäglich gelebte Philosophie: Die Lage Malis ist mit dem erstarkenden Islamismus und den blutigen Konflikten im Norden des Landes äußerst angespannt. In der malischen Hauptstadt gibt es immer wieder Anschläge mit vielen Toten. Vor Reisen in das westafrikanische Land wird vehement gewarnt. Malier aber nehmen auch diese Situation gelassen hin. An schwer bewaffnete Soldaten und UN-Vertreter haben sie sich seit den wiederholten Attentaten längst gewöhnt. Touristen gibt es seit Beginn der bewaffneten Konflikte so gut wie keine mehr.

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Portrait Cheick Diallo ©Cheick Diallo

Cheick Diallo, geb. 1960 in Mali, gilt als einer der bedeutendsten Designer Afrikas. Diallo studierte Architektur in Rouen und Interieur Design an der École Nationale Supérieure de Création Industrielle, ENSCI, in Paris. 2004 gründete er die Association des Designers Africains, ADA, und ist einer der Mitinitiatoren der Design Indaba, die jährlich in Südafrika stattfindet. Cheick Diallo erhielt zahlreiche Preise, u.a. SIDIM (Salon International du Design Intérieur de Montréal), er arbeitet und lebt in Mali und in Frankreich.

Titelbild: Made in Mali, Design Cheick Diallo © Cheick Diallo
Alle Fotos: © Cheick Diallo