"Man öffnet durchgehend Räume …"

Auf dem brachen Grundstück einer ehemaligen Rosenfarm bei Marrakesch entstand in den letzten Jahren André Hellers Garten ANIMA-Le paradis perdu. Das Wiener Architekturbüro propeller z hat die Ausstellungsbereiche, das Café Paul Bowles sowie das Haus von André Heller mit fließenden, durchgängigen Räumen geplant. Architektin Carmen Wiederin im Gespräch mit QUER-Chefredakteurin Doris Lippitsch über Hellers Neugierde und seinen klaren Sinn für das Schöne.

Wie ist die Planung für das Gebäude-Ensemble bei André Hellers ANIMA entstanden?

Carmen Wiederin, propeller z: Mit Andre Heller haben wir schon an mehreren Projekten gearbeitet, auch an Umbauten seiner Wohnungen. Es war besonders, als er uns gefragt hat, sein erstes neu gebautes Haus für ihn zu entwickeln. Besonders deshalb, weil ich weiß, wie sehr er schöne alte Räume schätzt. Allerdings lassen seine Neugierde und sein klarer Sinn für Schönes eben auch neue Dinge zu. Nach ganz persönlichen , emotionalen Motiven.

Und ästhetischen Gesichtspunkten?

Ja, genau!

Mit einem großen bildlichen Vorstellungsvermögen?

Ja, ein Universum von Bildern! Das Haus in Marokko entstand räumlich ganz auf die Bedürfnisse des Hausherrn sowie die besondere Lage und Umgebung abgestimmt. Wir sind oft am Grundstück spaziert und haben die Dimensionen von Park und den Gebäuden mit Schritten vermessen. Das Grundstück war ein brachliegendes Feld, früher eine Rosenfarm. Der Park, der jetzt dschungelartig dort steht, wie wenn er immer schon da gewesen wäre, ist unglaublicher Weise neu gepflanzt.

Anima - Andé Heller 04 ©Foto: Hertha Hurnaus

Anima - Andé Heller 03 ©Foto: Hertha Hurnaus

Fotos: Hertha Hurnaus

Nur braches Land?

Ja, da war nichts! Wir haben begonnendie einzelnen Bereiche getrennt zu entwickeln. Der Park sollte nur eine räumlich, architektonische Fassung erhalten, einen Rahmen. Dort stehen die Pflanzen und deren Ausstrahlung im Mittelpunkt. Um den Park schlängelt sich eine Mauer, aus der auch die Räume des Cafés Paul Bowles und der Ausstellungsräume gebildet werden.

Was war für das  Café Paul Bowles und die Ausstellungsbereiche bei ANIMA besonders wichtig?

Die ANIMA-Räume im Park sind großzügige Raumnischen, die sich aus der Umgebungsmauer entwickeln. Riesige Tore machen es möglich, sie unterschiedlich offen zu bespielen. Die stark farbig gestreifte Fassade und die durchs Dach hängenden Pflanzen markieren die gebaute Andockstelle für die Besucher.

Das Privathaus hingegen steht frei am Grundstück. Wir haben auf einer großen, vom Boden auf Sitzhöhe abgehobenen Terrasse ( 95x25 m)einen zentralen Platz gebaut, auf dem mehrere Häuser stehen. Die einzelnen Häuser haben verschiedene Funktionen – Atelier, Salon, Küche, Gäste und Hammam  und sind so zueinander gestellt, dass sich zwischen ihnen Gassen und Plätze bilden. Wie in einem Dorf. Das kommt dem Hausherrn sehr entgegen – er geht gerne. 

Ein Ensemble ...

Ja, jede Funktion hat ihr eigenes Haus. Oder anders formuliert, die einzelnen Funktionen sind in einzelne Häuser aufgeteilt, die von einer Terrasse eingefasst sind. Ein Schwimmbad, eine Sitzecke, Olivenbäume und Palmen sind in diese Terrasse eingelassen. Sieist zugleich Sitzplatz sowie Zwischen- und Wohnbereich im Freien. Wichtig die Verbindung mit der Natur und der Blick auf den Garten und die Berge, dem Hohen Atlas im Hintergrund – von allen Gebäuden aus, um das Ensemble nochmals einzufassen. Die Gebäude selbst stehen schalenartig – spannungsvoll – zueinander. Die Wände sind geschwungene Wandscheiben ohne rechten Winkel, die im Inneren und auch außen fließende Räume und abgerundete Raumübergänge bilden.

Wie viele Gebäude fasst das Ensemble?

André Hellers Atelier, Salon, Bibliothek, Küche, Esszimmer, seine privaten Bereiche sowie drei Gästehäuser, davon eines mit Hammam.

Anima - Andé Heller 02 ©Foto: Hertha Hurnaus

Foto: Hertha Hurnaus
 

Wie wichtig war die Lichtführung für die Planung?

Der Umgang mit Licht in einem Land wie Marokko ist entscheidend, wenn auch nicht ganz leicht. Das Licht wirkt viel strahlender, heller, intensiver als in Mitteleuropa. Wir haben meist eher kleine Fenstergrößen verwendet, sie nach innen angeschrägt, um das Licht sanft in die abgerundeten Wandkanten sanft fließen zu lassen.

Wurde ein Lehmbau für das Gebäudeensemble diskutiert? Das Beispiel des österreichischen Architekten Martin Rauch zeigt, wie Lehmbau in die Gegenwart übersetzt werden kann ...

Ja, das ist ein schönes Beispiel. Wir haben die Lehmbauweise anfangs überlegt, uns dann aber für zweischalige Ziegelwände mit einer Betonstruktur entschieden ...

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Propeller Z Architektur – Portrait ©Propeller Z, Architektur

PROPELLER Z, ARCHITEKTUR
Philipp Tschofen, Carmen Wiederin, Korkut Akkalay

Das Team entwickelt seit 1994 Projekte unterschiedlicher Maßstäbe in den Bereichen Architektur, Interior und Ausstellungsdesign, bis hin zu Arbeiten im experimentellen Bereich. propeller z versuchen, in einer nichtlinearen, pro- duktiven Auseinandersetzung in einer Aufgaben- stellung bereits beinhaltete Lösungsansätze freizulegen, zu schärfen und – mitunter mit unorthodoxen Mitteln – auszuformulieren. Der ständige Diskurs bei der Projektentwicklung in ei- nem heterogenen Team zwingt dazu, jede gestal- terische Entscheidung argumentierbar zu halten und stets die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu überprüfen. (C.Muhr)

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