Architektur in Oberitalien
1946–1976
Was als Ausstellungskonzept für das AUT – das Haus der Architektur in Tirol – seinen Anfang nahm, wurde ein internationaler Erfolg, der mit diesem Buch eine berechtigte Fortsetzung findet.Das, was diese selektierten Bauten auszeichnet, ist einerseits das Vertrauen in die Architektur, die Kreativität als Ausdruck eines gesellschaftlichen Optimismus und andererseits die Bereitschaft, sich auf räumliche als auch bautechnische Experimente einzulassen.
Von David Pašek
Fortsetzungen sind meist eine Enttäuschung. Nach dem sensationellen und ersten, preisgekrönten Band ITALOMODERNaus dem Jahre 2012stellt sich schnell die Frage, ob die Brüder Feiersinger bei genau identer Aufgabenstellung den Spannungsbogen und das hohe Niveau des Architekturführers über Bauten in Oberitalien 1946–1976 halten können. Dabei war es weniger schwierig, herausragende Gebäude auch für den zweiten Band zu finden.
Das soeben erschienene Buch ist noch umfangreicher ausgefallen, die Sammlung umfasst dieses Mal 132 Bauten in allen Dimensionen – vom Biwak mit wenigen Metern Durchmesser bis hin zu kompletten Universitätsanlagen. Die Autoren haben die Arbeitsteilung und auch die bewährten Zutaten belassen, eine gute Entscheidung. Martin Feiersinger zeichnet für die prägnanten und pointierten Begleittexte verantwortlich, die gemeinsam mit den Kunsthistorikern Michaela Zöschg und Christian Nikolaus Optiz verfasst und von Wendungen und Fachausdrücken befreit wurden, die zu sehr dem Architekturjargon verhaftet sind. Erläuternde Pläne wurden für diese Publikation durchwegs neu gezeichnet. Eine Karte mit der Lage der Gebäude, ein Index und die Lebensläufe der Architekten, die zu recherchieren eine wahre Herausforderung waren, sind wieder Bestandteil des Buches. Das bereits beim ersten Band von mir gelobte grafische Konzept wurde mutig weiter entwickelt.
Werner Feiersinger hat die meisten Fotos gemacht, einzelne Aufnahmen sind auch von Bruder Martin Feiersinger. Für den Leser ist sofort ersichtlich, dass es sich um aktuelle Bilder handelt, die Gebäude haben mittlerweile eine Patina, wenngleich Ergänzungen oder Objekte auf die Gegenwart hinweisen. Dennoch sind die Abbildungen von einer Selbstverständlichkeit und Würde geprägt, die darauf hoffen lässt, dass nicht nur die Autoren und eine kleine interessierte Leserschaft diese Architektur zu schätzen wissen. Einige der italienischen Architektenhaben bestätigt, dass diese Übersicht über eine ganze Architekturepoche auch nur mit dem unvoreingenommenen Blick von außen so gut gelingen konnte.
Foto: 1956–62. Lando Bartoli, Lisindo Baldassini, Pier Luigi Nervi. Campanile, Chiesa del Sacro Cuore, Florenz © Werner Feiersinger