Friedrich-Kiesler-Preis

„It makes sense!“ - So der US-­amerikanische Konzeptkünstler ­Bruce Nauman auf die ­Frage, ob er den ­begehrten Friedrich-­Kiesler-Preis für ­Architektur und Kunst ­annehmen wolle.

„Bruce Nauman steht in einer Reihe mit den Weltneuerfindern, die den endlosen Raum der Kunst ausloten und neu definieren. Friedrich Kiesler und der Preisträger 2014 verbinden hier das 20. mit dem 21. Jahrhundert und – in ihrem offenen Werk- und Arbeitsprozess – die Avantgarde mit dem aktuellen interdisziplinären Diskurs der Kunst und Architektur in einer globalen Welt“, so Peter Bogner, Leiter der Friedrich- Kiesler-Stiftung, zum diesjährigen Preisträger.

Nauman wurde 1914 in Fort Wayne, US-Bundesstaat Indiana, geboren und studierte Mathematik, Physik und Kunst. Heute lebt der international renommierte Künstler in New Mexico.

Von einer internationalen Fachjury werden „herausragende Leistungen in der Grenzüberschreitung der etablierten Disziplinen der Architektur und der Künste“, ganz im Sinne Friedrich Kieslers Theorie der „correlated arts“, ausgezeichnet. Der Preis wird alle zwei Jahre verliehen und ging u.a. schon an Frank O. Gehry, Toyo Ito, Olafur Eliasson oder Heimo Zobernig. Die Auszeichnung wird abwechselnd von der Republik Österreich und der Stadt Wien vergeben. „Mit Bruce Nauman wird einer der bedeutendsten Künstler seiner Generation ausgezeichnet. Mit der Verleihung des Friedrich Kiesler-Preises an Bruce Naumann wird ein Weg fortgesetzt, den bereits Friedrich Kiesler mit seinem ganzheitlichen Konzept eines grundsätzlichen Zusammenwirkens von Architektur, Theater, Design, Wissenschaft und bildender Kunst beschritten hat. Hier wird eine Tradition sichtbar, die das österreichische Kulturleben ganz maßgeblich prägt“, ergänzt Josef Ostermayer, Bundesminister für Kunst und Kultur.

Bruce Nauman, Kiesler-Preisträger 2014, in seinem Atelier in New Mexico ©Jason Schmidt, Courtesy Sperone Westwater, New York
Bruce Nauman, Kiesler-Preisträger 2014, in seinem Atelier in New Mexico; ©Jason Schmidt, Courtesy Sperone Westwater, New York

Theater der Erfahrungen
Die Parallelen zwischen Kieslers und Naumans Werken sind ungeachtet des historischen Zeitpunkts bzw. Umfelds zahlreich: Sie erfinden Theater der Erfahrungen, in denen die Trennung von Betrachter und Objekt aufgehoben wird. Sie erforschen neue räumliche Topologien und ergründen immer und immer wieder die „Endlosigkeit“ des Raumes. „Für Nauman, wie auch für Kiesler, formulieren die Zirkulation durch unbestimmten Raum und die Ortlosigkeit eine Architektur des deliriösen Kontinuums. Das Anerkennen von Nauman in diesem Stadium des Kiesler-Preis-Zyklus betont die Bedeutsamkeit und Tiefgründigkeit einer solchen Reise gleicherweise für Künstler und Architekten“, so Hani Rashid, Präsident der Friedrich Kiesler Stiftung, Wien-New York, über den diesjährigen Preisträger Nauman.

Man kann weder behaupten, dass ihnen schwarzer Humor fremd wäre, noch laut Kiesler-Stiftung, auch eine gewisse „Theatralik des Unheimlichen“. Kurzum, sie konstruieren neue technische Möglichkeiten für Film und Video, beide entwerfen sogenannte „‚Funhouses“, von Bühnen bis hin zu Karussellen für eine neue Wahrnehmung der Umwelt. Beide halten an einer kon­struktivistischen, visuellen Pädagogik fest. Dabei steht die körperliche Erfahrung im Brennpunkt des Interesses. Ihr Werk ist eine Aneinanderreihung von mentalen und körperlichen Übungen, die in einen neuen architektonischen und technologischen Raum eingebettet werden. Eine Vorliebe sowohl Kieslers als auch Naumans für das Konzept ist unbestritten. Nicht die perfekte Umsetzung steht im Vordergrund, sondern vielmehr die Beziehung zwischen Kieslers und Naumans Haltung bzw. ihrem Interesse an der Wechselbeziehung zwischen Betrachter, Raum, Objekt und Konzept, wie auch die Annäherung an das Potenzial von Kunst und Sprache, die eine Parallele zu Kieslers Künstlerfreund Marcel Duchamp darstellt. Die beständige Auseinandersetzung mit Sprache und das kontinuierliche Spiel mit Bedeutungen und Handlungen, die aus der  Kommunikation und ihren Regeln resultieren, verbinden Nauman wiederum mit einem anderen Wiener Denker der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Ludwig Wittgenstein.

Von Lilian Kiesler, Friedrich Kieslers zweiter Frau, wurde der Österreichische Friedrich Kiesler-Preis für Architektur und Kunst, der mit 55.000 Euro Preisgeld zu den höchst dotierten Auszeichnungen der Welt zählt, schon 1997 ins Leben gerufen. Ausgewählt wird der Preisträger durch eine internationale Experten-Jury aus Theoretikern, Künstlern und Architekten. lipp