AUF DEN ZAHN GEFÜHLT

Ende September wurde die erweiterte Bernhard- Gottlieb-Universitätszahnklinik in den historischen Gemäuern des ehemaligen K.u.k. Garnisons-Spitals No. 1 (1783/1784) feierlich eröffnet. Mit rund 250 Mitarbeitern zählt sie international zu einer der größten und innovativsten. In der Sensengasse am Alsergrund wird studiert, fachübergreifend gelehrt und geforscht, wissenschaftliche Workshops werden abgehalten und jährlich über 25.000 Patienten ambulant behandelt. 

Warum der Zu- und Ausbau der Universitätszahnklinik?
Andreas Moritz: Das historische Gebäude nahe am Alten AKH war in die Jahre gekommen. Nach sieben Jahren Bauzeit ist der Ausbau zur modernsten Zahnklinik Europas abgeschlossen. Mit dem Um- und Zubau wurden auch alle Fachbereiche neu organisiert. Die Anfänge der Universitätszahnklinik gehen auf den Mediziner Georg Carabelli (1787-1842) zurück. Sein Pioniergeist und die Verdienste seines Schülers Moriz Heider waren Wegbereiter einer weltweit einzigartigen Ausbildungsstätte für Zahnärzte. Bernhard Gottlieb (1885-1950), nach dem die Klinik benannt ist, war Professor des zahnärztlichen Institutes der Universität Wien und Begründer der „Wiener Schule“. Seit 2002 ist die Klinik eine Organisationseinheit der MedUni Wien, sie wurde als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Medizinischen Universität Wien in eine GmbH. umgewandelt und wird seitdem autonom geführt.

Der Zu- und Umbau erfolgte durch Architekt Manfred Nehrer. Wurden die Erweiterungsarbeiten ausgeschrieben?
Ja, die Architekten Nehrer + Medek und Partner wurden mit dem Projekt beauftragt. Mit dem neuen Zubau fasst die Klinik rund 24.000 m2 für die Fachbereiche zahnmedizinische Ausbildung – Unit, Zahnerhaltung & Parodontologie, Prothetik, Orale Chirurgie, Radiologie, Kieferorthopädie, Forschung, zahntechnisches Labor, Vorklinik sowie Haustechnik und Verwaltung. Die historischen Gebäude umfassen zwei große Innenhöfe und gehen in den verglasten Erweiterungsbau über. Diese Halle überzeugt durch ein modern geplantes Raumkonzept mit lichtdurchfluteten Räumen, von der aus alle Bereiche der Klinik zu erreichen sind: zentrale Aufnahme, Behandlungs bereiche, Spezialambulanzen, Seminarräume, Hörsaal. Wichtig sind unsere innovativen Einrichtungen für Forschung und Behandlung der Patienten.

Wann war Baubeginn?
2006 wurde mit den ersten Abbrucharbeiten, 2007 mit dem Aushub der Baustelle begonnen. Nach sieben Jahren Bauzeit ist der Umbau fertig gestellt, der bei laufendem Betrieb durchgeführt wurde. Das hat uns alle noch mehr zusammengeschweißt. Die Wegzeiten für Ärzte, Studenten und Patienten waren erschwert, ganze Bereiche räumlich im Betrieb stark eingeschränkt. Dennoch konnten in dieser Zeit mehr Patienten denn je behandelt und der Output in der Forschung erhöht werden. Die Zahnklinik in München musste vergleichsweise für ihren Umbau ein halbes Jahr lang geschlossen werden.

Was war Ihnen für den Umbau besonders wichtig?
Der Umbau hat unsere alte Klinik zu einem der modernsten Gesundheits- und Ausbildungszentren für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde gemacht, wobei Arbeitsabläufe und Wegzeiten verbessert, bestehende Bereiche wie die Kinderzahnheilkunde und Forschung ausgebaut, sämtliche Ressourcen für die Klinik-Forschung und Lehre belebt und gleichzeitig die Ausbildung der jungen Zahnärzte neu strukturiert werden konnten. In diesem „Unit-System“ werden sämtliche Behandlungen in fixen Behandlungseinheiten durchgeführt, ohne von einem zum anderen Fachbereich wechseln zu müssen. Die Bernhard-Gottlieb-Universitätszahnklinik ist heute ein Fortbildungs-, Kongress- und Seminarzentrum.

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Und die Baukosten?
Rund 83 Mio. Euro, die fast zur Gänze vom Wissenschaftsministerium übernommen worden sind.

An Ihrer Klinik wird fachübergreifend geforscht, wie Sie gerne betonen. Was sind die Kernbereiche?
Unsere Kernbereiche sind die Zahnerhaltung und Parodontologie, Kieferorthopädie, Orale Chirurgie und Prothetik. Fachspezifisch erfolgt eine weitere Gliederung in Speziallabors zur Laserforschung, der oralen Mikrobiologie, Materialforschung, Hartgewebs- und Biomaterialforschung, die Implantatprothetische Arbeitsgruppe oder Gewebsregeneration, um nur einige zu nennen. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedensten Universitäten und Instituten, wie zum Beispiel der Immunologie oder Technischen Universität Wien, fließen Lehre, Betreuung der Patienten und Forschung ineinander über.

Sie haben die Lasertechnologie in Österreich in die Zahnheilkunde eingeführt und halten darüber weltweit Vorträge.
Unsere Klinik ist eines der bekanntesten Laserzentren der Welt. Seit Mitte der 1980er Jahre forschen wir intensiv auf diesem Gebiet und setzen Laser verschiedenster Wellenlängen im Klinikalltag ein. Der Bereich der Laserapplikation ist sehr groß, z.B. in der Ästhetik. Sehr schonend können z.B. Zähne gebleicht werden. Laserlicht gibt uns die Möglichkeit nahezu schmerzfreier Behandlungen. Von einer tiefen Desinfektion der Wurzelkanäle bis hin zu einer Knochen- und Weichgewebschirurgie und der konventionellen Präparation dentaler Hartgewebe anstelle des Bohrers gibt es kaum ein Gebiet in der Zahnheilkunde, das vom Laser nicht profitieren könnte. Unsere Erfahrungen geben wir in weltweiten Vorträgen und praxisorientierten Teaching-Kursen weiter, z.B. in Taipei, Peking, Dubai und Pune. Kooperationen mit den lokalen Universitäten und die gemeinsame weltweite Errichtung von Trainingszentren spiegeln die Bedeutung dieser innovativen Therapieform wider.

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Andreas Moritz, Univ.-Prof. DDr.,
ist seit Mitte 2012 Ärztlicher Leiter der Bernhard-Gottlieb-Universitätszahnklinik Wien, modernste Zahnklinik Europas und weltweit eines der bekanntesten Laser zentren. In Wien-Alsergrund wird fachübergreifend geforscht und gelehrt, seit 2009 leitet er die zahnmedizinische Ausbildung Unit.

Das Gespräch führte Doris Lippitsch.