Bücherspiegel



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Bestand der Moderne
Elise Feiersinger, Andreas Vass,
Susanne Veit und ÖGFA
Park Books, 2012.
Broschiert, 168 Seiten, 34,00 Euro
 ISBN 978-3-906027-03-6

Wie soll man die Architektur der Moderne sanieren? Das Buch Bestand der Moderne – Von der Pro-duktion eines architektonischen Wertes widmet sich dem Thema mit praktischen Beispielen auf höchstem Qualitätsniveau. Die Meilensteine der Architektur der Moderne kommen in die Jahre, und das Gefühl entsteht, dass die Sanierungsweise jedes Mal neu erfunden wird – oft ohne Experten. Die ÖGFA organisierte zum Thema eine Tagung. Diese ist die Basis für die Auswahl der hochkarätigen Beiträge in diesem Buch.
    Im ersten Teil widmen sich die Autoren der Definition von Denkmal und Schutz von Architektur des 20. Jahrhunderts. Den richtigen Ansatz zu finden, ist durch die persönliche Betroffenheit, die Änderung in der Bauweise und die Programmatik der Vorgabe vielfach schwieriger als bei Gebäuden, die älter sind. Generell wird zwischen zwei Kategorien von Gebäuden unterschieden, zwischen Einzelobjekten, die eine individuelle Analyse erfordern, und der großen Masse von Wohn- und Bürobauten, die in ihrer Gleichartig- und Gleichzeitigkeit mit einem flexiblen Regelkatalog erfasst werden könnten.
    Im zweiten Teil werden sieben konkrete und vorbildhafte Ansätze der Sanierung umfassend vorgestellt – vom sanften Rückbau bei der ADGB- Bundesschule in Bernau bis zur eher problematischen Replik, die aber für die Studenten-Bungalows im Olympischen Dorf in München dennoch das richtige Mittel war.
    Im Strategiepapier Vision 2025 der Österreichischen Nationalbibliothek wird für den Fall, dass es ein Druckwerk auch als E-Book gibt, angedacht, nur die digitale Version in die Sammlung aufzunehmen. Zum Glück gibt es diese Veröffentlichung nicht nur digital, denn es wäre ewig schade, auf die Qualitäten des Buches als dreidimensionales Objekt in der Sammlung zu verzichten: Die Grafikerinnen Gabriele Lenz und Elena Henrich von lenz+ haben durch dezente, aber präzise Gestaltung dem Inhalt einen perfekten Rahmen gegeben. Ein Clou ist das Cover, das Vergilben des Papiers als gestalterisches Mittel einsetzt und jedes Buch individuell in Schönheit altern lässt.

DAVID PASEK



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Wer baut Wien? –
Hintergründe und Motive der
Stadtentwicklung Wiens seit 1989
Reinhard Seiß
Verlag Anton Pustet, 2013.
Broschiert, 216 Seiten, 24,00 Euro
ISBN 978-3-7025-0538-7

Viele Freunde hat sich Reinhard Seiß mit diesem Buch sicherlich nicht gemacht – weder bei Kollegen und Architekten, noch in der Wiener Stadtverwaltung. Akribisch genau arbeitet er die großen planungstechnischen Wiener Bauprojekte der letzten zwei Jahrzehnte auf – von Stadtentwicklungsgebieten über den sozialen Wohnbau bis hin zur schier unendlichen Geschichte des Hauptbahnhofs – und kommt zu einem einfachen Schluss: So manches läuft schief. Vorliegende Raumplanungskonzepte werden den Interessen von Investoren untergeordnet, Kreativität und Innovation beschränken sich auf große Namen, und Bauhöhen scheinen vielmehr interessante Vorgaben denn grundlegende Vorgaben zu sein. Seiß zeichnet ein Bild der urbanen Zukunft Wiens, das, basierend auf Verfehlungen der letzten Jahrzehnte, düsterer nicht sein könnte.
    Reibungsfläche bieten seine Kritiken zur Genüge, aber dennoch keine möglichen Angriffsflächen gegenüber dem Autor. Quellen, auf die er sich bezieht, sind kompakt angeführt, die gesamte Recherche wird durchaus transparent dargelegt, und die ergänzend geführten Interviews wirken stimmig und authentisch. Ebenso bieten seine Interviews mit (mittlerweile pensionierten) Mitarbeitern einen gelungenen Einblick in die Vorgangsweisen der Stadt Wien, die so an Tiefe gewinnen. Mag die Kritik an Architekten und Konzepten auch hart wirken, sie ist nie überzogen – in Anbetracht der Verfehlungen sogar nüchtern und sachlich. Dennoch bietet Seiß keine Lösungsansätze, bestehende Probleme beheben zu können – muss er aber auch nicht. Die Missstände bei der Vergabe von Projekten und der Methodik von Bauverhandlungen kann er nur aufzeigen, bestehende Fehler in Raumkonzepten wirken zu groß, als dass einfache Veränderungen diese beheben könnten. Trotzdem meint man bei der Lektüre, zwischen den Zeilen auch Wehmut und Liebe lesen zu können: Wehmut über vertane Möglichkeiten und Chancen und auch die Liebe zu einer Stadt, die sich von vielen Seiten große Mühe gibt, abstoßend zu wirken, die man aber trotzdem lieben muss.

CHRISTOPH HAUZENBERGER



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Geheime Raumfahrtprojekte
Eugen Reichl
Motorbuch-Verlag
Broschiert, 128 Seiten, 10,30 Euro
ISBN 978-3-613-03426-6

Raumfahrt steht für den ewigen Traum der Mensch-
heit vom Fliegen, Forschen nach Neuem, von Eroberung und Überschreiten von Grenzen. Der Inbegriff für Raumfahrt heißt NASA, und dieser Organisation traut man fast alles zu, was man sich nur vorstellen kann. Geheimnisse werden hier vermutet, die uns bewusst vorenthalten werden.
    Viele Gerüchte, die sich um die NASA und andere Raumfahrtorganisationen ranken, stammen aus dem Reich der Phantasie und finden im wirklichen Leben keine Entsprechung. Und doch gibt es sie, die supergeheimen Raumfahrtprojekte, von denen manche jahrzehntelang geheim gehalten wurden. Diesen widmet Eugen Reichl den Band Geheime Raumfahrtprojekte aus der Serie Typenkompass Raumfahrt.
    Von der UdSSR war nichts anderes als Geheimniskrämerei zu erwarten: Hermetisch abgeschottet hinter dem Eisernen Vorhang, wusste man von den unheimlichen Genossen nichts Genaues. Wie sich nach der Perestroika und mit der Öffnung herausstellte, war hier tatsächlich einiges verborgen geblieben, wie etwa ein bemanntes Mondprogramm, das scheiterte und deshalb offiziell nie existiert hatte. Andere Projekte wurden schon zuvor publik, wie Buran und Energia, die russische Variante der Raumfähre. Doch auch auf der anderen Seite des Atlantiks war der Zugang zu Informationen nur dort leicht, wo dies auch gewünscht war. In den Archiven und Schuppen findet sich allerlei seltsames geflügeltes Gerät, das einst den Weltraum zugänglich machen oder den Feind ausspionieren hätte sollen. Da gab es die Idee, einen Menschen zum Mond zu schicken – ohne Retourticket, mit dem alleinigen Ziel, die UdSSR im Wettlauf ins All endlich abzuhängen. Ein Kapitel ist der sagenumwobenen HARP-Kanone gewidmet. Oder Shuttle II – ja wirklich, die US-Raumfähre hätte eine Schwester haben sollen! Übrig blieb schließlich X-37B, „the mysterious spaceplane“.
    Zwischen den Zeilen ist die leicht hochge­zogene Augenbraue des Autors zu erahnen. Das Buch ist so spannend zu lesen, wie man es von einem Buch über Geheimprojekte erwarten darf, und viel spannender, als man bei einem Text über Technik erwarten würde.

MARIA PFLUG-HOFMAYR