Autoritratto_Giulio-Iacchetti © Giulio Iacchetti Artemide

Design ist für alle gedacht

Der Industrie-Designer Giulio Iacchetti arbeitet und lebt in Milano. QUER hat ihn in über den Dächern von Milano in der Martina Gamboni Agentur besucht.

Für wen machst du Design?

Giulio Iacchetti: Für Leute, die das auch verstehen können.

Du entwirfst Alltagsgegenstände, die im täglichen Leben gebraucht werden. Muss man dein Design also verstehen können?

Wir entwerfen Alltagsgegenstände und Produkte, die primär nicht Designobjekte, sondern nützliche Gebrauchsgegenstände sind. Brauchbares Design für alle Leute. Dennoch braucht jemand Kultur, um Design wirklich verstehen zu können.

Seit drei Jahren beschäftige ich mich mit dem Wohnen, dem prodotto italiano, der italienischen Alltagskultur. Dazu gehören Stühle, Tische, Kleiderablagen, Leuchten, Wanduhren, Gießkannen und auch Gartenwerkzeug etc.. Ich bin aber „nur“ Designer, kein Architekt. Die Wohnungen, die wir in den Zeitungen und Hochglanzmagazinen sehen/blättern können, existieren nicht im realen Leben. Das ist nichts für „normale“ Leute. Design kommt ursprünglich von Architekten, die für die Bourgeoisie (in Milano) gearbeitet haben.

Das war auch in der Kunst so, die einer kleinen Elite vorbehalten war und heute teilweise noch immer so ist. Wie ist die aktuelle Situation für dich als Designer hier und jetzt in Italien?

1 bis ...Alle lachen. Design ist im Gegensatz zur Kunst für alle gedacht. Also auch für Leute, die in Standard-Wohnungen leben. Auch in einfache Wohnungen kann man Design bringen. Mit Design gestalten und das Leben verschönern. Innendesign mache ich mit Partnern.

TURI_amb_001 ©Giulio Iacchetti

Guilio Iacchetti präsentiert seine Designobjekte in der Martina Gamboni Agentur mit Panoramablick auf Milano, wir machen einen Rundgang und bleiben länger vor der in Italien bekannten Kupferuhr, einem umgedrehten Kochtopfdeckel mit Ziffernblatt von Dario Gaudio stehen, und kommen dann zu seinem Leuchtendesign.

Olmo ist eine leicht verstellbare Decken- und Wandleuchte?

Ja, die Technik ist ausgeklügelt. Die individuell verstellbaren Lichtschienen sehen vielleicht kompliziert aus, sind es aber nicht. Die Leuchten sind sehr einfach zu montieren und zu handhaben. Sie können mit Magneten sehr schnell montiert werden.

Olmo ©Giulio Iacchetti

Giulio, du sagst, dass du Design für alle machst. Wie siehst du das im Zusammenhang mit Licht und deinen designten Leuchten?

Eine interessante Frage. In nächster Zeit mache ich zusammen mit Internoitaliano ein Projekt für Licht und Beleuchtung. Da werden wir uns genau in dieses Thema vertiefen.

Licht gibt es hier im Überfluss. Kommt vielleicht daher diese Leichtigkeit, mit Formen und Materialien umgehen zu können? Welche Bedeutung hat Licht für den durchschnittlichen Italiener?

Schwer zu sagen. Die Lichtkultur ist generell nicht sehr ausgeprägt. Es gibt nicht sehr viele, die sich damit wirklich auseinandersetzen und substantiell kennen.

Der Markt ändert sich stark mit neuen Technologien. Welche Entwicklungen zeichnen sich mit LEDs im Design ab?

Ausgangspunkt eines Lichtprojekts ist immer die Lichtquelle. Sie ist entscheidend. Designer arbeiten immer mit Licht und Schatten.

So entsteht die Form ...

Lampen und Leuchten sind an die 12 Stunden pro Tag und Nacht ausgeschaltet. Leuchten sie nicht, tritt das Lichtobjekt, die Leuchte selbst, in den Vordergrund. Wichtig dabei ist das Design, die schöne Form. Sie tritt dann in den Vordergrund.

Das ergibt sich alleine aus der Beschäftigung mit der Form. Verlagert sich der Markt nicht mehr und mehr in den asiatischen Raum bzw. von dort in den europäischen Markt? Ist dieser Wettbewerb für dich spürbar?

Derzeit noch nicht so stark, es gibt derzeit hauptsächlich Massenware aus Asien, aber in den nächsten Jahren werden wir in Europa ganz bestimmt mit Lichtprojekten aus Asien konfrontiert werden.

Gibt es eine Zusammenarbeit mit chinesischen oder asiatischen Firmen?

Ich wurde von chinesischen Unternehmen eingeladen, die mit mir arbeiten und Projekte machen möchten. Mein Interesse an einer Zusammenarbeit hält sich in Grenzen.

Ist das darauf zurückzuführen, dass dein Know-how von Interesse ist und du darauf mit Vorsicht reagierst?

Der entscheidende Punkt, der mir in China bewusst wurde, sind die kulturellen Unterschiede. Ich habe immer mit italienischen Unternehmen wie Danese, FontanaArte, Artemide etc. gearbeitet. Und für mich ist die Kommunikation mit diesen Unternehmen sehr wichtig. Sie haben mich sofort verstanden. Das ist mir sehr wichtig.

Internoitaliano_Mori_Amb01 ©Giulio Iacchetti

Das ist für dich grundlegend? Ist anders Zusammenarbeit nicht für dich denkbar? In andere Kulturen einzutauchen ist doch spannend, oder?

Entscheidend für mich ist, dass die Kultur, das geistige, kulturelle Eigentum in Italien sehr geschätzt wird, was ich so in China nicht gefunden habe/vermisse.  In China ist es fast unmöglich, mit einem Projekt zu kommen, weil sie es praktisch nicht verstehen. Gehst du dort in ein Geschäft, findest du dort Kopien von Produkten, die hier entstanden/entworfen worden sind. Das ist einfach schwierig!

Giulio, danke für das Gespräch!

www.giulioiacchetti.com

Aus dem Italienischen übersetzte Nicoletta Ratti.

Die Mailänder Martina Gamboni Agentur ist seit mehr als zehn Jahren auf Architektur und Design spezialisiert.