Beton wie Naturstein behandeln
Erweitertes Betriebsgelände Kampichler in Theresienfeld. Die Wiener Architekten gerner°gerner plus haben die bestehenden Produktionshallen des Naturstein-Verarbeitungsbetriebes im niederösterreichischen Industrieviertel mit vorgelagerten Lager- und Verladebereichen erweitert. Das Ensemble wurde bemerkenswert präzise ausgeführt und überzeugt durch seine konsequente form- und raumgebende Linienführung am gesamten Firmengelände.
von Doris Lippitsch
Seit sechzig Jahren verarbeitet das Unternehmen Kampichler Natursteine in der Nähe von Wiener Neustadt, das an die siebzig Mitarbeiter beschäftigt. Die Produktionshallen sind seit rund zehn Jahren in Theresienfeld angesiedelt. Diese Hallen sollten erweitert und um Verlade- und Lagerflächen für eine „aufgeräumte Optik“ ergänzt werden. Voraussetzung dafür war ein angrenzendes Grundstück, das Unternehmer und Standortbetreiber Josef Kampichler 2010 erworben hatte. Baustellen hatten ihn immer schon „gekitzelt“. Kampichler studierte Hochbau, bevor er sich dazu entschloss, den Familienbetrieb seit mehreren Generationen zu übernehmen. Er setzte sich mit den Architekten gerner°gerner plus in Wien in Verbindung, die ihm im Vorfeld empfohlen worden waren. Nach einem ersten Gespräch mit Architekt Andreas Gerner war für die Architekten entscheidend, dass die Chemie mit dem Bauherrn stimme. „Wir wollten Lösungsansätze für eine einfache Box mit organischem Rückgrat finden“, erzählt Architekt Matthias Raiger über die Anfänge des Projekts auf dem Weg nach Theresienfeld. So war es geplant und wurde es denn unter Raigers Leitung auch ausgeführt.
Präzise ausgeführt Der Auftrag lautete schließlich in einem ersten Schritt, die bestehenden Produktionshallen für die verschiedenen Funktionen am Standort zu adaptieren und den teils zweigeschossigen Bau mit den benötigten Einbauten wie Meisterkabinen und Duschräumen für die eingemieteten Unternehmen, u.a. die Dreherei Heuduschek, zu versehen. Die Produktionshallen bestehen aus einem 180 Meter langen Baukörper mit einer Fassade aus Sichtbetonplatten im Querformat. Sie überzeugen mit ihrer präzisen Ausführung und einer stringenten Linienführung. Verglaste Rücksprünge im oberen Bürobereich und Sektionaltore mit schwarzen Holzfassungen geben dem langen Baukörper Form, sie „takten“ die Proportionen der Hallen, die mit tragenden Betonfertigteilen ausgeführt worden sind. Diese Elemente gestalten und differenzieren die Sichtbeton-Fassade mit großer, unaufgeregter Schlichtheit und erzeugen eine gewisse räumliche Spannung, die das gesamte Ensemble am Betriebsgelände auszeichnet. Eine interessante Mischung. „Der architektonische Anspruch war hoch und stand bei dem Vorhaben sicherlich im Vordergrund, weit mehr als die Funktion selbst“, schildert Unternehmer Kampichler beim Rundgang durch das Gelände. Für gerner°gerner plus verstand sich ein guter Entwurf von selbst. Die Präzision der Linienführung am gesamten Betriebsgelände verweist auf die Funktionalität dieser Produktionsstätte. Dabei war die Entscheidung, diese Erweiterungsbauten mit Sichtbeton auszuführen, von Anfang an klar: „ Auch der Kunststein Beton kann wie Naturstein behandelt werden“, ergänzt Kampichler, der als Fachmann vom Baustoff Beton restlos überzeugt ist. Sichtbeton wurde mit tragenden Betonfertigteilen und einer Sichtbeton-Fassade für eine ansprechende Optik in matten Grautönen verwendet. Die Fassadenplatten wurden als Beton-Sandwich-Paneele in Fertigteilen produziert ausgeführt und über einer Wärmedämmschicht montiert.
Mehr in der Printausgabe.
Fotos: gerner°gerner