Ohne Kompromisse

Ein Nachruf auf Architekt Heinz Karbus

Heinz Karbus war im oberösterreichischen Bad Ischl tief verwurzelt, wo er in einer kulturell geprägten, sehr musikalischen Familie aufwuchs und Hochkultur zu schätzen und lieben lernte. Mit 88 Jahren verstarb er Anfang Februar in Wien.
Von DAVID PASEK

Er durchlief eine fundierte Ausbildung zum Tischler, als der Zweite Weltkrieg gewaltig in seinem jungen Leben umrührte – aber im Gegensatz zu seinem Bruder, der in der Sowjetunion fiel, hatte er mehr Glück. Karbus baute mit am Atlantikwall und landete anschließend in amerikanischer Kriegsgefangenschaft.

Im Nachkriegswien wurde er in die Meisterklasse von Oswald Haerdtl an der heutigen Universität für angewandte Kunst aufgenommen. Die Studienaufgaben waren oftmals eng an den aktuellen Zustand der Stadt geknüpft: Bombenbrachen und andere tagesaktuelle Aufgaben. Für sein Diplom wurde ihm der Staatspreis verliehen, Haerdtl wollte ihn als Assistenten in seiner Meisterklasse. Karbus aber kehrte nach dem Studium ins Salzkammergut zurück und gründete sein eigenes Architekturbüro in Bad Ischl. Im nahen ­Strobl verbrachten die angehenden Schauspieler um Helene Thimig den Sommer und probten Shakespeare. Die Schauspielerin Gertrude Kügler zog Heinz Karbus in ihren Bann. Heinz formulierte es so: „Da hat sich etwas ergeben.“ Sie heiraten und haben zwei Kinder, Gabriele und Heinz-Oliver. Die Familie pflegt einen sehr respektvollen und liebevollen Umgang miteinander.

Beständig, aber als Einzelkämpfer auch isoliert, bemüht sich Karbus um zeitgenössische Architektur im lokalen Kontext: räumliche Qualität, Präzision im Detail und in der Ausführung. Erfolge in kleinen Architekturwettbewerben ermöglichen es ihm, einige prominente Gebäude im Salzkammergut zu errichten. Die heute stark veränderte Kurdirektion in Bad Ischl zählt zu den besten Beispielen der österreichischen Architektur aus den 1950ern. Viele seiner Bauherren und Mitarbeiter wurden Weggefährten und gute Freunde über Jahrzehnte.

Heinz Karbus ©Dominik Köhle
"Da hat sich etwas ergeben." Heinz Karbus / Foto: Dominik Köhle

Sein Wissen gab er an die junge Generation auch als langjähriger und geschätzter Lehrer an der HTL für Holzbearbeitung in Hallstatt weiter, er verlangte seinen Schülern stets so manches ab. Karbus war kompromisslos. Ende der 1980er machte ihm sein schwaches Herz einen Strich durch die Rechnung und zwang ihn dazu, sein Büro zu schließen und auch seine Lehrtätigkeit zu beenden. Nach einer längeren Auszeit begann er eine Dissertation an der TU Wien und ließ sich von Professor Martin Kubelik zu einer gewaltigen Aufgabe verführen: die Baugeschichte von Karlsbad und Bad Ischl aufzuarbeiten sowie einen Vergleich der beiden Kurorte anzustrengen.

Gemeinsame Teilnahmen an  Vorlesungen bei Kubelik und Architekturtheoretiker Friedrich Achleitner begründeten unsere Bekanntschaft, die zu einer tiefen und  herzlichen Freundschaft wuchs. Diese war durch größtes Vertrauen und eine seltene Offenheit getragen, die es uns ermöglichte, uns auch über Themen auszutauschen, die wir sehr verschieden beurteilten. In der Diskussion um meine Studienarbeiten konnte er über falsche Entscheidungen und Ansätze so emotional werden, dass er einfach aufstand und ging. Wenn Heinz aber Lob formulierte, war dies von tiefer und ehrlicher Wertschätzung getragen.

Sein beständiges Interesse für aktuelle Entwicklungen in Gesellschaft, Politik und Kunst waren genauso beeindruckend und erfrischend, wie seine Freude darüber, in seinen letzten Lebensjahren mit meinem Sohn auch noch in der Sandkiste zu spielen.

Heinz Karbus verstarb Anfang Februar mit 88 Jahren im Kreise seiner Familie in Wien.

Bild: Studienarbeit Klosterneuburg, 1948 / ©Privatarchiv