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Hans Stimmann Zukunft des Kulturforums – Ein Abgesang auf die Insel der Objekte
192 Seiten, 250 Abbildungen DOM Publishers, Berlin 2012.
48 Euro
ISBN 978-3-86922-238

Als „einen der schlimmsten Unorte Berlins“ bezeichnet der ehemalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann das Kulturforum. Für ihn ist das Areal, das zwischen Potsdamer Platz und Landwehrkanal liegt, eine öde Wüste, ein Ort, der stillsteht, zwar mit hochkarätigen architektonischen Solitären bebaut, aber überwiegend leer und von der sechsspurigen Potsdamer Straße brutal durchschnitten. Höchstens zu Kulturveranstaltungen wird es dort lebendig.
     Schon zu seiner Amtszeit gab es zahlreiche Debatten über das Kulturforum, doch seitdem ist nichts passiert. Gerade gibt es in Berlin intensive Überlegungen zur Neustrukturierung der Museumslandschaft. Es ist sogar von einem Umzug der Gemäldegalerie vom Kulturforum zur Museumsinsel die Rede. Genau der richtige Zeitpunkt, um die Diskussion mit einem Buch in eine neue Richtung zu lenken. Zukunft des Kulturforums – Ein Abgesang auf die Insel der Objekte heißt es, ist 192 Seiten stark, voll mit historischen und aktuellen Fotos und beinhaltet zudem eine Fülle an Plänen, Entwürfen und Modellen.
     Sechs Architekten präsentieren in dem Buch städtebauliche Lösungen, die sich bewusst von der Scharoun ́schen Idee einer durch Einzelbauten strukturierten Stadtlandschaft abwenden. Die Entwürfe zeigen das Kulturforum als neues Stadtquartier, in das die alten städtebaulichen Strukturen des späten 19. und 20. Jahrhunderts einfließen. Stimmann war es dabei wichtig, dass die Entwürfe das Spektrum von städtebaulichen und architektonischen Möglichkeiten aufzeigen. Deswegen fallen sie auch höchst unterschiedlich aus. Doch sie haben einige Essentials gemein: Es soll keine Abrisse geben, die Potsdamer Straße soll verschmälert werden, und vor allem soll die Matthäuskirche wieder ins Zentrum des Quartiers rücken. Stimmann geht es dabei nicht um die Architektur an sich, sondern um die Rolle und Funktion des Kulturforums im wiedervereinigten Berlin.

JENNIFER LYNN ERDELMEIER

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Michael Ziehl, Sarah Oßwald, Oliver Hasemann, Daniel Schnier Second Hand Spaces – Über das Recyclen von Orten im städtischen Wandel.
Deutsch/Englisch, 463 Seiten. Jovis Verlag GmbH 2012.
29,95 Euro
ISBN 978-3-86859-155-2

Die zweisprachige Publikation führt den Lesenden durch die emotional beladene Debatte der temporären Nutzung von urbanem Leerstand. Aufgezeigt werden die Herausforderungen und Problematiken, mit denen sich die Akteure konfrontiert sehen, aber auch nachhaltige Effekte, die sie im Sinne einer sozialen und ökologischen Stadtentwicklung erzielen.
Im ersten Teil stehen Stabilität und Offenheit als Grundvoraussetzung für die Wandlungsfähigkeit von Gebäuden. Nach einem Blick auf das Management von Brachen folgt man Projektinitiatoren hinaus aufs Feld: vom „Mediaspree – versenken!“-Protest zu „entschleunigten“ Planungen – Konfliktlinien infolge planungsrechtlicher Restriktionen – bis hin zur öffentlich finanzierten Zwischennutzungsagentur ZwischenZeitZentrale Bremen.
Der zweite Teil ist den Nutzern gewidmet. Hier blickt man hinter die Kulissen und reflektiert über den Wandel der Arbeitsformen, der neue Raumbedürfnisse entstehen lässt. Gemeinsam mit anderen Mitbegründern zieht man von den Frappant-Projekten in Hamburg zum nt/Areal nach Basel und weiter nach Kopenhagen. Dabei stößt der Leser auf unterschiedliche Akteure: Manche mussten den Verwertungsinteressen Platz machen, andere konnten dies durch besondere Taktiken abwenden oder hatten sich auf eine temporäre Nutzung geeinigt. Allen gemein ist ein großes Maß an Selbstengagement.
     Im letzten Abschnitt kommen die nachhaltigen Effekte ins Spiel. Ein vakanter Bremer Plattenbau wird zur Subsistenzwirtschaft umfunktioniert, während die Prinzessinnengärten sowie das RAW-Gelände in Berlin den sozial-integrativen Charakter von temporären Nutzungen hervorstreichen. Nun könnte man sich als Wiener mangels Beispielen beinahe vernachlässigt fühlen, doch lässt sich so manches von unseren Nachbarn abschauen – vor allem aus diesem leserfreundlichen Sammelband.

VALENTIN SCHIPFER

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Katharina Müller, Rainer Stempkowski
Handbuch Claim-Management 672 Seiten, gebunden. Linde Verlag 2012.
98,00 Euro
ISBN 9783707317534


Rasche Verfügbarkeit zwängt moderne Vorhaben in enge Zeitkorsette. Die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert soll sich gegen Null bewegen. Es herrscht kein Mangel an Know-How am Bau. Die Schwachstellen sind vielmehr unscharf definierte Rahmenbedingungen und unzureichende Kommunikation.
     Im Idealfall stellt die Prozessabwicklung am Bau einen geschlossenen Regelkreis dar. Gekennzeichnet dadurch, Störgrößen zu erkennen, die Soll- und ist-Wertdifferenz (Regelabweichung) zu bewerten und derart entgegenzuwirken, dass die Regelabweichung gegen Null strebt. Stabiles Verhalten kommt als weitere Forderung hinzu.
     Wenn nun aber das Regelverhalten kippt und in den instabilen Zustand übergeht, was dann?
Das Handbuch Caim-Management nimmt sich dieses Themas an und befasst sich mit Störgrößenvermeidung und -behandlung. 25 Autoren aus den Bereichen Bauwirtschaft und Recht decken anhand praktischer Beispiele alle Handlungsfelder am Bau ab. Die Idee, die dahinter steckt, ist der Brückenschlag zwischen Bauwirtschafter/Juristen, Auftraggeber/Auftragnehmer bis hin zur Ausschreibung und Vergabe. Die Philosophie besteht im Ausschöpfen aller Möglichkeiten der Claim Prevention und dem lösungsorientierten Zugang, die Abweichung als den Regelfall zu erkennen. Das Ziel: Konstruktives Claim Management.
     Gewarnt wird vor ausgefeiltem Vertragswerk fernab gesetzlicher Grundlage, das sich im Belastungsfall als Flickwerk erweist und unter extremer Belastung bersten wird. Gemeint sind damit vertragliche Sonderkonstruktionen zur Absicherung jeweiliger Interessen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer bzw. Sublieferanten unter Ausschluss fachkundiger Juristen.
     Das Handbuch Claim-Management bringt Luft und Licht in dunkle Gänge. Es ersetzt weder ein Jus- noch ein Bauingenieurstudium, macht aber auf mögliche Problemfälle aufmerksam und bietet hilfreiche Werkzeuge an.

ALEXANDER QUENDLER