Der Fenstergucker
Space 2062
Das Auftauchen neuer Akteure in der Raumfahrt, zunehmende internationale Kooperationen und große Leistungen auf wissenschaftlicher Ebene, Reisen im Weltraum und die Entdeckung bisher unbekannter Technologien – all dies bringt die nahe Zukunft. Menschliche Aktivität im Weltraum wird in den kommenden 50 Jahren eine neue Dekade politischer, wissenschaftlicher und technologischer Errungenschaften einläuten.
Mit Sputnik 1, dem ersten Satelliten, begann 1957 der Eintritt in ein Zeitalter menschlicher Aktivitäten im All und mit ihm die Erforschung neuer Sphären. Rasante Fortschritte folgten in der Raketentechnik bei Anwendungen in der Raumfahrt, Computern etc. Seither gab es viele Missionen wie auch Pioniere: Yuri Gagarin, der erste Mensch im All (1961); John Glenn umkreiste als erster US-Amerikaner die Erde (1962); Valentina Tereshkova war die erste Frau im All (1963), Neil Armstrong setzte als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond (1969). Unzählige Programme folgten in dieser Zeit: das US-amerikanische und sowjetische Lunar (1959–1976); die Mars Exploration (ab 1960 bis zum heutigen Tag); Voyager (1977); Pioneer (1958–1978); die Galileo Mission (1989–2003). Schon in absehbarer Zeit könnte ein neues Szenario für den Weltraum entstehen. Verantwortlich dafür sind die schnelle Entwicklung neuer Technologien sowie die tiefen ökonomischen, politischen und sozialen Krisen.
Neue Akteure tauchen nun auf: China, Indien und Brasilien entwickeln sich zu raumfahrenden Nationen. Zahlreiche weitere werden in den kommenden Jahrzehnten mitmischen. Regeln für derartige Entwicklungen und Regulierungen für die aufkommenden Aktivitäten im privaten Sektor werden für dieses Szenario erstellt und in Zukunft zum Einsatz kommen. Bereits heute engagieren sich so manche, die in der Raumfahrt tätig sind, für eine World Space Organization (WSO). Eine Reform des Ausschusses in den Vereinten Nationen für die friedliche Nutzung des Weltraums (UNCOPUOS) ist anzunehmen. Sie soll kommende Aktivitäten regulieren und das Verkehrsmanagement, die private kommerzielle Nutzung des Alls (z.b. Weltraumtourismus) und Kommerzialisierung von Ressourcen auf Asteroiden steuern. Die Abkommen der Vereinten Nationen – Weltraumvertrag (1967), Weltraumrettungsübereinkommen (1968), Weltraumhaftungsübereinkommen (1972), Weltraumregistrierungsübereinkommen (1975) und Mondvertrag (1979) – sind zu aktualisieren, ebenso für die Marsexploration, und um den privaten Sektor zu ergänzen. Der Weltraum soll auf lange Zeit nachhaltig und verantwortungsbewusst genutzt werden.
Grundlegend für Raumfahrtsprogramme wird die technologische Kooperation sein. Dazu braucht man in den nächsten 50 Jahren eine lateinamerikanische und eine afrikanische Weltraumbehörde. Die chinesische Raumstation dürfte die internationale Zusammenarbeit mit anderen Nationen, die an experimenteller Forschung teilhaben wollen, vorantreiben. Dabei scheinen die russische Raumstation Mir und die internationale Raumstation ISS als Labor und Einrichtung zur Marsexploration als Fixpunkte auf.
Eine Herausforderung wird es sein, das Sonnensystem und darüber hinaus unbekannte Sphären zu erkunden. Um Fragen zur Entwicklung des Universums zu beantworten, haben Wissenschaftler schon jetzt weit über unser Sonnensystem, unsere Galaxie und viele andere Galaxien hinausgeblickt. Das Weltraumteleskop Hubble hat ab 1990 mit extremer Belichtungsdauer einen profunden Blick ins All ermöglicht und dabei unter anderem die Wachstumsrate des Universums, das Vorhandensein extrasolarer Planeten und überzeugende Beweise für die Existenz supermassereicher Schwarzer Löcher entdeckt. Kürzlich wurde ein winziger fünfter Mond entdeckt, der sich um den eisigen Pluto bewegt. Dennoch gibt es viele offene Fragen: Die Dunkle Energie, eine unerklärliche Kraft, die unser Universum verändert, ist bis dato ein Mysterium. 2018 soll das James Webb Space Telescope – ein Nachfolger von Hubble – noch weiter in die Tiefen des Alls blicken. Möglicherweise wird es die ersten Galaxien, die das ursprüngliche Universum gebildet haben, entdecken. Sonden, die mit hochentwickelten Instrumenten quer durch das Sonnensystem reisen, lassen die Wissenschafter noch tiefer und weiter hinausblicken und dadurch Fragen, wie die nach der wahren Größe des Universums, der Anzahl an Galaxien, ob intelligentes Leben außerhalb unseres Planeten existiert, vielleicht schon bald beantworten.
Raumfahrtzentren für kommerzielle suborbitale Flüge und Reisen zu Mars und Mond stellen Meilensteine für interplanetares und in weiterer Folge interstellares – zwischen Sternen und Planeten außerhalb unseres Sonnensystems – Reisen dar.
Den Visionen von Hundred-Year Starship und Projekt Icarus zufolge wird interstellares Reisen bahnbrechende Energien schaffen, die Speicher, Kontrollsysteme und fortschrittliche Antriebssysteme benötigen. Außerdem werden mit neuen Erkenntnissen über die menschliche Entwicklung, Gesundheit sowie durch Fortschritte in Robotik, Automatisierung, durch intelligente Systeme und Fertigungsverfahren Lebenserhaltungssysteme entwickelt. All diese Projekte geben Anlass dazu, daran zu glauben, dass sich das Weltraumszenario in 50 Jahren – und bis zum Ende dieses Jahrhunderts – stark verändert haben wird.
Technologien der Zukunft weichen vermutlich stark von unserem heutigen Bild ab. Titus Livius meinte einst: „Wir fürchten die Dinge im Verhältnis zu deren Unkenntnis.“ Dabei könnte uns das Wissen um eine neue Weltraum-Ära dabei helfen, unsere natürliche und allzu menschliche Angst vor dem Unbekannten zu überkommen.
Text: ANA CRISTINA VAN OIJHUIZEN GALHEGO ROSA
Aus dem Englischen übersetzt von Jana Reiter
Mankind will experience in the next fifty years a new era of political, scientific and technological achievement of human activities in space. The emergence of new space-faring actors, the increase of international cooperation, various great accomplishments of space science, space travel and the discovery of heretofore unknown technology will become a reality.
The launching of the Russian satellite – Sputnik 1 – in 1957 marked the first human activity in outer space. Thus, the era of space exploration had begun. Rapid advances were made in rocketry, space applications, computers and other areas. Since then, a series of space missions have been carried out: pioneer astronauts and cosmonauts, like Yuri Gagarin (1961), who completed the first manned space flight; John Glenn (1962), who became the first American to reach the orbit of the Earth; Valentina Tereshkova (1963), the “First Lady of Space”, Neil Armstrong (1969), the first human being to set foot on the Moon. In addition, many space programmes such as the American and Soviet Lunar program (1959-1976), the Mars Exploration program (1960 – up to the present day), the Voyager program (1977), the Pioneer program (1958-1978) and the Galileo mission (1989-2003) have taken place during the time of space exploration. In the next fifty years new visionaries will bring important contributions to the development of technology.
The rapid development of new space technologies, as well as an intensive economic, political and social crisis can be responsible for a new space scenario in the next few decades.
At present, there are new space-faring nations such as China, India and Brazil. In future decades, many other nations will increasingly operate as space-faring actors. Rules for the development and regulation of new space activities in the private sector will be developed and deployed in the space scenario. Thus, a World-Space-Organization (WSO), an idea already suggested by some members of the space community, or a reform of the UNCOPUOS (United Nations Committee on the Peaceful Uses of Outer Space) could be achieved. Therefore the WSO or an reorganized UNCOPUOS will be responsible for regulating new activities, for example, traffic management, private commercial space activities (i.e. space tourism) in orbital and suborbital flights, commercialization of resources from asteroids, as well as security and safety of space activities. The United Nations Space Treaties - Outer Space Treaty (1967), Rescue Agreement (1968), Liability Convention (1972), Registration Convention (1975) and Moon Agreement – have to be updated to regulate the private sector as well. Future agreements for the exploration of Mars – (Mars Agreement) – will help to maintain the long-term sustainability of outer space and also the safety, stability, and security of space. This will be done by establishing rules for the responsible use of space – (Outer Space Conduct Treaty) – to regulate private spaceflights (Spaceflight Convention).
Technological cooperation is an essential component of the space program. Thus, a Latin America Space Agency and an Africa Space Agency will be needed in the next 50 years. The building of the China Space Station will promote new international cooperation between China and other nations that want to participate in space science experimental research. The Russian space station, Mir, and the International Space Station will be used as laboratories and facilities for the Mars Exploration program.
Concerning space science, the exploration of the Solar System and beyond represents future challenges. In addition, scientists have also looked beyond our Solar System, beyond our Galaxy and many other galaxies to find out about the early development of the Universe. Hubble, a space telescope launched in 1990, has looked deeper into space and discovered, for example: the rate of expansion of the universe, the presence of extra-solar planets, convincing evidence for the existence of super-massive black holes and more recently, a tiny fifth Moon moving around icy Pluto. Nevertheless, some questions remain unanswered, for instance an unexplained force which is changing our universe – the dark energy. The James Webb Space Telescope, Hubble’s successor, is due to be launched in 2018 to continue looking deeper into space. It may find the first galaxies that formed the primordial universe. Furthermore, probes carrying sophisticated instruments will be travelling throughout the Solar System to look beyond and deeper into the universe. Therefore, queries such as the real size of the universe, the number of galaxies, and whether intelligent life exists outside our planet, can probably be answered.
Spaceports for the commercial point-to-point suborbital flights and space travel to the Moon and Mars will be a reality. These achievements will be stepping-stones to the interplanetary space travel and further to the interstellar space travel between stars and planets outside our own solar system.
According to the Hundred-Year Starship project vision and Project Icarus, interstellar space travel requires the creation of revolutionary energy, storage and control systems and advanced propulsion systems. In addition, life-support systems and new insights into human development, health, behavior and training, as well as advances in robotics, automation, intelligent systems and manufacturing techniques have to be developed. According to all these necessary improvements we may presume that within 50 years from now the space scenario will be totally different.
To sum up, the technology of the future will probably be very different from the image we have today. Titus Livius said: “We fear things in proportion of our ignorance of them.” Thus, understanding how to deal with a new space era may help us to overcome our natural and all-too-human phobia of the unknown.