Mursat1 im Orbit

2.549 aktive Satelliten umkreisen derzeit laut UN-OOSA die Erde. Schon bald ist ein steirischer Satellit auf dem Weg in den Orbit. mursat1.

     „Wenn Technologie leistbar ist und man damit umgehen kann, will man es selbst machen“, beschreibt Jogi Hofmüller die Grundidee hinter mursat1, dem steirischen Self-made- Satelliten. Es sei wie beim Internet – man wolle mit den neuen Möglichkeiten spielen, sich den Raum für Kunst einfach nehmen. Das 30- köpfige Team setzt sich aus Mitgliedern der Grazer Kulturvereine mur.at, ESC und dem Hackerspace Realraum zusammen und gestaltet das Projekt gewollt öffentlich. Jeder soll und kann seit dem offiziellen Projektstart im Januar 2010 Teil der Unternehmung sein.
     Satellit Marke Eigenbau: Kultur- Förderungen in Höhe von 34.000 Euro und die Firma Interorbital Systems (IOS) aus Mojave, Kalifornien, machen das möglich. Der Hersteller von Raketenteilen für die NASA stellte ein „Tube Sat Kit“ zusammen, über Internet erwerbbar, das neben Plänen und Teilen einen Platz auf einer Trägerrakete ermöglicht. „Es ist ein wenig, wie wenn man bei IKEA einen Schrank kauft und die Anleitung dafür bekommt, wie man die Bretter ausschneidet und welches Holz am besten dafür geeignet ist“, veranschaulicht Hofmüller den Bausatz. Alles Weitere ist den Konstrukteuren überlassen, einzig die Auflagen bezüglich Größe (13cm Höhe und 12,5cm Durchmesser) und Maximalgewicht (750g) sind einzuhalten. Das mursat1-Team baute die gesamte Tragestruktur unter technischer Leitung von Christian Pointner um. Sie änderten die Grundfläche von einem 16- auf ein 12-Eck, um so mehr Solarzellen anbringen zu können, und entwickelten das gesamte Innenleben – Hard- und Software – selbst. Jede Platine, jede Schaltung wurde selbst entworfen, getestet und eingebaut.
     Ein Künstler im All: mursat1 ist ein mechanischer Künstler. So soll er sich bei der Erdumkreisung über einen Spiegel photographieren und die Bilder an die Erde senden. Partikeleinschläge werden per Mikrophon aufgenommen, die für den gespannten Beobachter eine Geräuschkulisse bilden – man soll den Weltraum hören können. Doch nicht nur der Satellit arbeitet, auch jeder Erdbewohner kann Teil des Projekts werden und mit Webinterface eine LED-Leuchte ein- und ausgeschaltet werden – die erste Aktion, die jeder im Weltraum ausführen kann. Eine Möglichkeit, selbst mit an Bord zu sein, ist mit „Poor People‘s Space Travel“ möglich. Wer will, kann mit mursat1 ein Haar von sich direkt in den Weltraum schießen. Ebenso mit an Bord sind gesammelte Wünsche von Kindern und Jugendlichen, die mit dem Satelliten nach Ablauf seiner Lebensdauer als Sternschnuppe in der Atmosphäre verglühen werden.
     Das lange Warten: mursat1 wird Ende des Jahres fertiggestellt sein, wann der Satellit ins Weltall transportiert wird, hängt von IOS ab. Die Firma arbeitet mit Hochdruck an der Fertigstellung der eigenen suborbitalen Trägerrakete Neptune 7 und plant den Start für Anfang 2013. Bis dahin müssen die Flugtests bis Ende des Jahres positiv verlaufen. Das Konstruktions-team von mursat1 hat mittlerweile auch schon einen Plan B ausgearbeitet: mursat1 könnte per Handgepäck in den Orbit gelangen. „Es wäre ein Traum, wenn ein Astronaut der ISS unseren Satelliten, wie zuvor ARISSat1, mit in den Weltraum nehmen und dann aussetzen würde,“ schwärmt Jogi Hofmüller, „und wir wären dank NASA live in HD dabei.“

Text: CHRISTOPH HAUZENBERGER