Wir sind die Roboter!

Wir sind die Roboter ©Fidel Peugeot & Karl Emilio Pircher

Roboter sind nicht aus unserer Welt wegzudenken. Frankenstein geistert durch unsere Köpfe, und eine künstlich geschaffene Eva der Zukunft befeuert so manch männliche Fantasien. Von der Mensch-Maschine bis hin zu Reinräumen in der Industrie: Roboter faszinieren.

Das Bestreben, menschenähnliche Wesen oder Maschinen zu erschaffen, begleitet die Geschichte der Menschheit. Schon 1.000 v. Chr. tauchen erste Aufzeichnungen über Spielwerke von beeindruckender Feinheit am chinesischen Hof auf, die mit großem Unterhaltungswert beschrieben werden und als roboterähnliche Maschinen den versammelten Hof amüsierten.
    In der Antike firmierte die Idee vom künstlichen Gefährten unter dem Begriff Homunculus, die lateinische Verkleinerungsform für „Menschlein“. Schon Aristoteles spekulierte darüber, dass Sklaven sich dann erübrigt haben werden, wenn jeder Herr über einen mechanischen Assistenten verfügt, der alle schweren und mühseligen Aufgaben übernimmt.
    Im europäischen Kulturraum wurden diese Ideen ab dem späten Mittelalter aufgezeichnet. Die Menschen glaubten, dass Alchemie imstande sei, aus organischer Materie Seelenstoff zu destillieren, Leben zu übertragen und zu dosieren – eine exakte Anleitung, einen künstlichen Menschen zu schaffen, findet man in De natura rerum aus dem Jahr 1538 (Künstliche Menschen, Nachdruck von Klaus Völker, Suhrkamp, 1994), einem Werk, das Paracelsus zugeschrieben wird. Das Rezept verlangt nach zerfallenden und verwesenden Stoffen, nach einem befruchteten Vogelei, aber auch nach Sperma und einer über Wochen kon-stanten Temperatur.
    Funktioniert hat es nicht, der Literatur lieferte es aber unendlichen Stoff – von der mythologischen Figur des Prometheus, der Sage von Golem (die bekannteste Fassung ist vom Prager Rabbiner Judah Löw aus dem 16. Jahrhundert überliefert), Mary Shelleys Frankenstein (1818, anonym veröffentlicht), bis hin zu Goethes Faust (II, 1832), und Villiers de L’Isle-Adams Traum einer künstlich geschaffenen Frau, einem gleichermaßen schönen und intelligenten Geschöpf aus Männerhand in Eva der Zukunft (L’Ève future, 1886).

Wir sind die Roboter ©div

    DA VINCIS STUDIEN
In Aufzeichnungen und Notizen von Leonardo da Vinci, 1950 wiederentdeckt, findet man Studien zu einer Art Ritter-Roboter – eine Maschine, die er auf Basis seiner Beobachtungen des menschlichen Bewegungsapparats erstellt hatte. Modelle, die anhand dieser Studien nachgebaut worden sind, belegen, dass Da Vinci dem Vorbild Mensch sehr nahe gekommen ist.
    Jede technische Erfindung führte zu neuen Ansätzen und Fantasien – selbst dampfbetriebene Roboter wurden angedacht. Den entscheidenden Anstoß hingegen lieferte die Elektrizität, auch für die Kulturindustrie. Im Film wurde die Illusion voll funk­tionstüchtiger Roboter rasch umgesetzt, nicht zuletzt neue special effects ins Spiel gebracht – wie Rauch, Blitze und Funken. Fritz Langs Metropolis, 1927, gilt ungebrochen als Meisterwerk, aber auch Werke wie etwa Der Herr der Welt, 1934, aus Nazideutschland werden in dieser Zeit produziert.
    Als Karel Čapek, einer der wichtigsten tsche­chischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, um 1920 an seinem sozialkritischen Bühnenstück R.U.R. – Rossum's Universal Robots (1921)
arbeitete und nach einer Bezeichnung für die Maschinenmenschen suchte, half ihm sein Bruder Josef mit „robota“ aus, aus dem schnell weltweit der Begriff Roboter hervorgeht. Das westslawische Wort bezeichnete ursprünglich Arbeit, Fronarbeit oder besser: mühselige Arbeit. Industrielle Massenproduktion und Massenvernichtungswaffen fallen in diese Zeit.
    Seit Jahrzehnten forscht der Honda-Konzern an der Entwicklung von Menschen-Robotern. Die Modellserie Asimo wurde 2000 vorgestellt und jede Parallele zu Isaac Asimov, Begründer der Robotik, verneint. Der Roboter Asimo kann Treppen steigen, singen, ja sogar lachen, und sein markantes Design macht ihn schnell weltweit bekannt. In den letzten Jahren hat er sich bereits von einer automatischen zu einer autonomen Maschine entwickelt.

    ROBOTER-FUSSBALL-
    WELTMEISTERSCHAFTEN
Bauteile wie elektronische Sensoren werden laufend miniaturisiert und dadurch leistungsfähiger. Die Robotik erfährt mit der open-source-community, der Vernetzung zwischen Unternehmen und akademischen Forschungseinrichtungen, einen regelrechten Boom.
    Weltweit entwickeln Studenten kleine Roboter, die im Fußball gegeneinander antreten. Ganz und gar kein einfaches Unterfangen: Die Maschinen müssen die Position des Balles erkennen, die Gegenspieler beachten, sich mit dem eigenen Team koordinieren, um dann möglichst viele Tore zu schießen. Das läuft sehr organisiert in der Federation of International Robot-Soccer Association (FIRA), in verschiedenen Klassen, Ligen und mit richtigen Weltmeisterschaften. Besonders umkämpft ist gerade die Klasse der humanoiden Spieler, die bis zu 60 Zentimeter groß sind und weitestgehend dem Bewegungsapparat des Menschen entsprechen. Nachdem auch die Fußgröße limitiert ist, ist schon die Balance der Roboter eine wahre Herausforderung. Stürzen sie, haben sie binnen einer kurzen Frist selbst aufzustehen – so geben das die Spielregeln vor.
    Schon 2050 sollen „herkömmliche“ menschliche Fußballweltmeister geschlagen werden. Das mutet möglicherweise fast utopisch an, ist aber in Hinblick auf die Zeitspanne zwischen den ersten Schachcomputern bis hin zu IBM’s Deep Blue, 1996, der den Schachweltmeister Gari Kasparow besiegte, durchaus realistisch.

Text: DAVID PASEK

Das Technische Museum Wien widmet Robotern derzeit eine Sonderschau: Roboter – Mensch und Maschine. Der Ansatz ist spielerisch, das interaktive Robolab und viele Details ermöglichen ein konzentriertes Herantasten an die vielen Bereiche in der Robotik. Industrieroboter in Reinräumen, Spielzeug-, Rasenmäher-Roboter, Cyborgs, Exoskelette, gedankengesteuerte Prothesen und etliche faszinierende, ikonisch-historische Schauobjekte wurden zusammengetragen, die ab dem 20. Jahrhundert eine neue Ära in der Menschheitsgeschichte begründen. Selbst Kino im Baum ist möglich: Fidel Peugeot und Karl Emilio Pirchner, Gründer des Wiener Designbüros „Walking Chair“, haben die Ausstellung mit Handskizzen unter Regie der Kuratoren Bodo-Michael Baumunk und Christian Stadelmann entwickelt, die Umsetzung erfolgte in der museumseigenen Werkstatt. Die Roboter-Schau ist bis Mitte Juli zu sehen. www.technischesmuseum.at/ausstellung/roboter