Die Macht der Gnade

Die Macht der Gnade ©Archiv

Immer hing Abessinien etwas Geheimnisvolles an. Der Nil entspringt im Hochland von Abessinien, der längste Fluss der Welt ist Lebensquelle auch für Nubien – den Sudan – und Ägypten. Das ehemalige Kaiserreich gilt als eine der Wiegen der Menschheit und das einzige afrikanische Land, das nie von einer Kolonialmacht eingenommen wurde. Das Hochland, das „Dach Afrikas“, wird früh von Christen bewohnt und bleibt vielen dennoch verschlossen. Wiederholte Hungersnöte und der langjährige Bürgerkrieg sorgten weltweit für Schlagzeilen. Und heute?

Die Königin von Saba, sagenhaft schön wie reich, hört von der Weisheit Salomos in Jerusalem, er wiederum von ihrer Schönheit und lädt sie zu sich ein. Die Königin reist daraufhin nach Jerusalem, wo sie mit Salomo Menelik zeugt. Mit diesem beginnt die Linie der äthiopischen Kaiser und Fürstengeschlechter. Jahre später entführt Menelik die israelitische Bundeslade aus Jerusalem und bringt sie nach Aksum, wo er am Hofe seiner Mutter lebt. All dies geschieht zehn Jahrhunderte vor der Zeitenwende.
    Im Alten Testament wird Saba erstmals schriftlich erwähnt, im Koran taucht sie als Bilqîs und im Talmud als „Königin des Südens“ auf. Haile Selassie (1892–1975), letzter äthiopischer Kaiser einer dreitausend Jahre währenden Dynastie, bezeichnet sich als „225. Nachfolger des Sohnes der Königin von Saba“.

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    ELFENBEIN, STOCKWERKSTELEN UND VIEL WEIHRAUCH
Aksum (auch Axum) ist für alle christlichen Äthiopier, derzeit 40 Prozent der Bevölkerung, das Zentrum ihrer nationalen und kulturellen Identität. Die vorchristlichen Stelen sind Träger einer jahrtausendealten Kultur mit sabäischen, griechischen und altabessinischen Inschriften. Die Stockwerkstelen als Teile von Grabbauten zählen zu den größten Monolithen weltweit. Früh ist die Stadt im Norden des Landes ein Hauptumschlagplatz für afrikanische Luxusgüter – Elfenbein und Weihrauch – und kontrolliert die Hafenstadt Adulis am Horn von Afrika (heute Eritrea). Die heilige Stadt wird von den marxistisch-leninistischen Rebellengruppen während des Bürgerkrieges (1974–1991) weder gestürmt noch beschädigt. Regierungstruppen werden jahrelang aus der Luft mit Nahrungsmitteln und Nachschub versorgt, während die Bevölkerung in den Katakomben Zuflucht findet.
    Die Eigenheit und Unabhängigkeit des äthiopischen Christentums sind mit der Bundeslade begründet: Die Tafel mit den Zehn Geboten, das größte Heiligtum der Äthiopier, soll sich noch heute in der Kathedrale von Aksum befinden. Auch das Oberhaupt der äthiopischen Kirche, der mächtige Nebura Ed, residiert traditionell in Aksum. Italie­nische und deutsche Archäologen stoßen dort auf immer neue Funde, nun werden die Paläste von Dongur und Adua rekonstruiert. Die nördlichen Gebiete sind vermint – die eritreische Grenze liegt nicht weit entfernt – und der Frieden ist fragil.

    ÄTHIOPIEN UND ERITREA
Die Schlacht von Adua (1896) bleibt als Symbol für den erfolgreichen Kampf gegen Kolonialmächte tief im kollektiven Gedächtnis der Äthiopier verankert. Als einziges unabhängiges afrikanisches Land wurde es nie von ausländischen Truppen besetzt. Wenige Kilometer von Aksum entfernt, treffen am 1. März 1896 rund 17.700 italienische und eritreische Streitkräfte auf rund 100.000 äthiopische Soldaten Meneliks II. – eine moderne, koloniale Streitmacht steht hochmotivierten Kämpfern mit einfachen Waffen gegenüber. 11.000 Männer der italienischen Truppen verlieren an diesem Tag ihr Leben, Gefangene werden verschont, die eritre-ischen Hilfstruppen aber hart bestraft: Für den Landesverrat werden ihnen die rechte Hand und der linke Fuß abgehackt. Jahrzehnte später ist die italienische „Schmach von Adua“ Anstoß für die faschistische Propaganda im Krieg gegen Abessinien (1935–1936).

    ÜBER TROMMELKLÄNGE UND MEISTER DER MAGIE
Trommelklänge und die Stimme des Vorbeters hallen stundenlang in die Nacht. Wie gebannt lausche ich den rhythmischen Klängen, denen man sich unmöglich entziehen kann. Vor Sonnenaufgang beginnt im und um den weithin sichtbaren Rundbau die Zeremonie mit tausenden Gläubigen, alle in weiße Tücher gehüllt. Ein Tempel wird hier unter der Kathedrale vermutet, überall archäologische Funde, heiliger Boden. Kurz vor sechs Uhr am Morgen. Ich bin die einzige weiße Frau, viele Augenpaare folgen mir in die Kathedrale, 1965 von Kaiser Selassie I. errichtet. Der Rundbau ist eine äthiopische Eigenheit und die weiterentwickelte Form der afrikanischen Rundhütte. Große Demut der Gläubigen, Tanz zu hypnotischen Trommelklängen, überall Weihrauchduft. Die Priester beginnen mit langen Lesungen aus den heiligen Schriften und Hymnen. Die Zeremonie dauert eine halbe Ewigkeit.
    Die äthiopische Kirche kennt Bischöfe, Priester und Debteras. Lange untersteht die Staatskirche dem (koptischen) Patriarchen von Alexandria, der einen ägyptischen Mönch, Abuna, zum Oberhaupt der äthiopischen Kirche wählt. Koptische und äthiopische Kirche unterscheiden sich aber in Ritus und Hierarchie voneinander: 1951 wird der erste äthiopische Abuna geweiht und seit 1959 von den Bischöfen selbst gewählt. Er lebte früher am Kaiser-hof und ist auch heute das Oberhaupt von Aksum.

Die Macht der Gnade ©Klaas Lingbeek

Äthiopische Priester durchlaufen eine längere Ausbildung als ein Diakon, erteilen Sakramente, leben von Spenden und vom steuerfreien Kirchenland. Debteras kennen die Regeln der Kirchenmusik und Notenschrift, die sie in Ge’ez, einer südsemitischen Sprache, verfassen, tanzen während der Messen, erhalten aber keine Weihe. Sie gelten als Meister der Magie und erstellen Schriftrollen gegen den bösen Blick. Hexerei und schwarze Zauberkunst sind in Afrika tief verankert. Böse werden im Profil dargestellt, um zu verhindern, dass ihr Blick treffen und schaden kann.

Antike Kulte und orientalische Erlösungsreligionen erheben keinen Anspruch auf Alleingeltung. Mithras, Isis und Zeus nebeneinander zu verehren, ist kein Widerspruch. Der ägyptische Isis-Kult steht oft mit der Verehrung des Osiris, Dionysos gleichgesetzt, in Verbindung. Bis ins 4. Jahrhundert sind Isis-Priesterinnen bekannt. Eng verbunden mit diesem Kult ist die Verehrung des Serapis, als dessen zentrale Kultstätte bis 391 n.Chr. (Verbot heidnischer Religionen durch den römischen Kaiser Theodosius I.) das alexandrinische Serapeion gilt. Isis mit ihrem Sohn an der Brust (Isis lactans) war Vorbild für die ersten christlichen Darstellungen der Madonna mit Kind (madonna col bambino).


    LALIBELA, ÄTHIOPISCHES JERUSALEM
Die Felsenkirchen von Lalibela im Hochland von Abessinien sind ein Mysterium. Sie bilden eine unterirdische Stadt in der Stadt. Bauherr ist König Lalibela, Heiliger Gebre Mesqel Lalibela, der die Anlage nach der Übergabe Jerusalems an Saladin (1187) im späten 12. Jahrhundert als neues Jerusalem erbauen lässt. Der Hausberg in Lalibela wird Golgota, der Fluss Jordan genannt, biblische Namen werden auch für die Kirchen übernommen. Lalibela gehört der Zagwe-Dynastie an, der Linie der im Hochland lebenden Agaw, nicht der salomonischen Königslinie. Die älteste Kirchenform ist die Basilika, die aus dem Mittelmeerraum übernommen wird. Nur die Bete Giyorgis-Kirche schert mit dem Grundriss einer Kreuzkuppelkirche aus dem Ensemble aus.
    Der portugiesische Forscher Pêro da Covilhã und sein Begleiter, der Priester Francisco Álvares, sind die ersten Europäer in Lalibela. Álvares berichtet um 1520 von den Felsenkirchen. Sicher ist, dass ein Bauplan vorliegen musste, um sie aus den Felsen – Granit und Tuffstein – in die Tiefe hauen zu können. Die Methoden und Logistik sind bis heute nicht erforscht. „Engel waren auch am Werk, vor allem in der Nacht und besonders fleißig“, so Abebe, orthodoxer Priester aus Lalibela, der durch die Kirchen führt. Die Bete Medhane Alem ist weltweit der größte monolithische Sakralbau und die Replik auf die alte Kathedrale von Aksum, Sitz der Bundeslade.
    An die 150 Felsenkirchen werden im Hochland von Abessinien vermutet, nicht alle sind zugänglich. Wahrscheinlich ist, dass im Gebiet von Tigray in einigen von ihnen alte heidnische Felsheiligtümer fortleben. Auffallend sind die vielen Höhlen, Tunnel und Gänge, die die Kirchen miteinander verbinden. Überall Weihrauch, Trommelklänge, Priester, Debteras und tiefgläubige Menschen. Sie beten, knien vor Abebe, dem Priester, küssen das Vortragekreuz, das er immer bei sich hat, viele Pilger fasten tagelang in diesen Felsnischen, denn Fastentage gibt es viele.

    HEIDNISCHE, JÜDISCHE,
    CHRISTLICHE UND ARABISCHE
    GLAUBENSVORSTELLUNGEN
Das äthiopische Christentum enthält viele jüdische Elemente, wie etwa jährlich rund 180 Fastentage für Laien und an die 250 für Priester. Allein für die Jungfrau Maria gibt es 33 Festtage. Das Neujahr fällt auf den 11. September, zugleich das Fest Johannes des Täufers, Kiddus Yohannis. Weihnachten, Lidet, wird am 7. Jänner gefeiert. Falasha, äthiopische Juden, sehen sich als Nachfahren des Menelik, Sohn der Königin von Saba und des Salomo, König von Jerusalem. Oft werden sie in Verbindung mit den vertriebenen Juden gebracht, die nach der Zerstörung des ersten Tempels von Jerusalem (587 v. Chr.) in die Diaspora ziehen. Wahrscheinlicher ist ihre Religion als ein Substrat jüdisch-arabischer Glaubensvorstellungen, die mit (oder schon vor) dem Christentum in das Reich von Aksum gelangt und eng mit der arabischen Halbinsel verbunden sind.
    Die Motive der Heidenverfolgung ab 391 n.Chr. sind nicht allein religiöser Natur, vielmehr politisch, fiskalisch und moralisch motiviert. Kaiserliche Religionspolitik wendet sich gegen jene Kulte, die sittlich angreifbar scheinen, wie die Heiligtümer der Aphrodite im libanesischen Aphaka, rund 70 Kilometer nordöstlich von Beirut, und Heliopolis, Sonnenstadt in Baalbek, sowie Heliopolis, dem Sonnengott Atum in Ägypten geweiht und acht Kilometer östlich des Nils am Nil-Delta gelegen.

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Constantius schreibt um 360, dass dort auffallend schöne Frauen „mit großem Aufwand den Tempeldienst der Venus versehen“. Die Göttin, Dea Syria, wurde auch in Gaza verehrt.
    Tempelprostitution ist im Altertum in Ägypten, Babylonien (Istar-Kult), Lydien, der heutigen Türkei, Indien, Numidien, weiten Teilen Algeriens und Tunesiens sowie auf Zypern und Sizilien bekannt, wobei sie unterschiedlich bewertet wird und neuerdings umstritten ist, aber in Indien zweifellos lange fortlebte.
    Das Leben und Denken der Juden war von jeher von der Thora bestimmt. Die fünf Bücher Mose genießen besonderes Ansehen. Die Mischna, ein mündliches Gewohnheitsrecht und Basis für den Talmud, wird in syrisch-aramäischer Sprache in zwei Fassungen (palästinische und babylonische) gegen Ende des 5. Jahrhunderts gesammelt angelegt. Papyrusfunde bezeugen Neigungen zu Mystik und Magie, auf die gnostische und neuplatonische Strömungen einwirken. Aus dem äthiopischen Christentum ist übernommen, dass Mönche und Nonnen in Klöstern und Einsiedeleien leben. Ihre heiligen Bücher sind in Ge’ez geschrieben, Hebräisch ist ihnen unbekannt.
    Die äthiopischen Falasha-Königreiche im Mittelalter werden ab dem 17. Jahrhundert zwangsbekehrt. Heute gibt es nur noch kleine Gruppen dieser Ethnie um die frühere Königsstadt Gondar und den Tana-See, Ursprung des Blauen Nils, der im sudane­sischen Khartum in den Weißen Nil mündet. Erst in den 1970er Jahren werden Falasha in Israel anerkannt und rund 40.000 während der letzten großen Hungersnot (1984-1985) nach Israel ausgeflogen.

1880 taucht Arthur Rimbaud (1854–1891), der „verdammte Dichter“, am Horn von Afrika auf. Sein letzter Gedichtzyklus Une saison en enfer liegt sieben Jahre zurück, die wahre Hölle aber noch vor ihm. Er tritt in Aden in die Handelsfirma des Franzosen Bardey ein, der in Harar eine Handelsstation gründet. Niemand weiß dort, dass Rimbaud ein Poet ist, der die französische Lyrik revolutionierte. Als erster Westeuropäer handelt er in der von Ägypten besetzten Stadt mit Elfenbein, Häuten, Kaffee, Wachs und Waffen. Das Geschäft läuft nicht gut, die Konkurrenz ist groß. Rimbaud legt seine Ersparnisse in Waffen an. Als Menelik II. zum Krieg um den Kaiserthron rüstet, versucht Rimbaud, mit ihm ins Geschäft zu kommen, aber das Zusammentreffen in Entoto endet mit einem finanziellen Desaster. So kehrt er nach Aden zurück und handelt dort weiter. Mit Ras Makonnen, Gouverneur von Harar und Vater des späteren Kaisers Tafari Makonnen alias Haile Selassie, verbindet ihn eine tiefe Freundschaft. 1891 verschlimmert sich sein gesundheitlicher Zustand, ein Knie wird in Marseille amputiert, aber noch im selben Jahr stirbt er an Krebs.


    VON DER BESCHNEIDUNG ZUR GENITALVERSTÜMMELUNG
Lange Zeit gibt es parallel viele Glaubensvorstellungen mit starkem Bezug zum Alten Testament. Die Christianisierung wird in die Zeit der Könige Abraha-al-Habaschi, der „Abessinier“, und Asbeha (6. Jhdt. n. Chr.) gelegt. Den Sabbat betrachten Falasha nicht nur als Fest, sondern als weibliche Gottheit, Sanbat. Waschungen sind rituell essentiell, daher liegen Orte an einem Fluss. Wasser gilt als allgegenwärtiges Symbol für Fruchtbarkeit. Mädchen wie Buben werden am achten Tag beschnitten. Die nach wie vor übliche „Beschneidung“, die Genitalverstümmelung von Mädchen, ein nichtjüdischer, afrikanischer Ritus, wird unver-ändert öffentlich tabuisiert. Je nach Region liegt die Rate laut aktuellen UN-Erhebungen bei 50 bis 70 Prozent (Addis Abeba), in der Somali- und Afar-Region bei fast 100 Prozent. Der Charakter von Initiationsriten hat sich bei muslimischen Stämmen bewahrt, mehrere Arten der Genitalverstümmelung werden in Äthiopien praktiziert. Der Ritus ist keine soziale Frage, vielmehr eine finanzielle, die über den Verstümmelungsgrad entscheidet.

Die Macht der Gnade ©Macala Devis

    ISLAM UNTERBEWERTET?
Die kulturelle Dominanz der orthodoxen Staatskirche trägt wesentlich dazu bei, dass der Islam in der europäischen Wahrnehmung der Geschichte und Kultur des Landes nicht adäquat eingeschätzt wird. 45 Prozent der Äthiopier sind heute offiziell Muslime, ihr Zentrum ist Harar. Kaum eine Moschee ohne Schule und Waisenhaus: Der Islam bewirkt durch seine soziale Komponente und hohe Geburtenrate eine rasche Veränderung der Mehrheitsstruktur.
    Äthiopien zählt zu den ärmsten Ländern der Welt, mehr als die Hälfte der Bevölkerung gelten als Analphabeten. Archaische Verhaltensformen bestimmen bis heute die Gesellschaft in den überwiegend ländlichen Regionen. Im orthodoxen Islam werden Heiligengräber (Qubba: Kuppelgräber) verehrt, weder Menschen noch Orden. Der Glaube an Allah und seinen Propheten Mohammed ist nicht nur im Süden und Osten Äthiopiens, sondern auch im zentralen Hochland stark verbreitet. Koran-Gelehrte genießen selten eine umfassende Ausbildung, sind aber dafür als Magier, Regenmacher und Heiler berühmt.
    Die ersten Kontakte mit dem Islam gehen auf seine Entstehung zurück, als die Gefolgsleute des Propheten Mohammed (570–632) aus Mekka vertrieben und in Äthiopien aufgenommen wurden. Daraufhin soll er ihnen befohlen haben, das Land von der gewaltsamen Verbreitung des Glaubens, dem Dschihâd (Jihad), auszunehmen. Dieser wird 41-mal im Koran zitiert, bedeutet ursprünglich „Anstrengung“ oder „Einsatz“ (Heinz Halm: Der Islam – Geschichte und Gegenwart, C.H. Beck, 2007) und zählt zu einer der zehn Praktiken im Islam, der vier Rechtsschulen, aber keinen Priesterstand kennt.
    Im 10. Jahrhundert bezeichnen die arabischen Geografen Ibn Hawqal und al Yaqubi Stämme um den somalischen Hafen Zeila und Beja-Stämme an der Westküste des Roten Meeres als muslimisch. Sultanate werden in dieser Zeit im südlichen Shoa und in der Gibe-Region gegründet. Islamisierungsversuche aus Ägypten, einen dem Islam wohlgesonnen Abuna, das äthiopische Oberhaupt der orthodoxen Kirche, zu ernennen, schlagen fehl. Die Salomoniden greifen das Sultanat Ifat im 15. Jahrhundert an. Muslimische Emire, wie Ahmad ibn Ibrahim al-Ghazi, rufen Gruppen zum Heiligen Krieg gegen Christen im Hochland. Die Invasion der Oromo beschränkt Muslime wieder auf Harar und den Küstenstreifen. Die Oromo werden später von muslimischen Händlern missioniert.
    In Eritrea breitet sich der Islam ab 1840 unter der Besetzung Ägyptens aus. In der Zeit Meneliks II. werden viele Moscheen gebaut, er toleriert – anders als seine Vorgänger – Muslime. Die Verfassung von 1931 stellt Christen und Muslime gleich, nach der Unabhängigkeit entsteht ein weitgehend friedliches Nebeneinander von Christen und Muslimen.
    Addis Abeba. Auf dem Internationalen Flughafen überall intensiver Weihrauchduft. Zwei Flüge starten an diesem Frühmorgen, zwei Menschenschlangen warten auf die Abreise: eine mit ausnahmslos verhüllten Frauen nach Bahrain, die andere mit europäischem Habitus nach Istanbul. Wieder folgen mir viele Augenpaare, dieses Mal aus verhüllten Frauengesichtern, als ich an ihnen vorbei zum Ausreiseschalter gehe.

Text: DORIS LIPPITSCH