Das Raumschiff ist gelandet

Kaum ist das neue Apple Hauptquartier in Cupertino, Kalifornien, fertig gestellt, hat es auch schon mehrere Spitznamen: Loop, Ufo, Mutterschiff, Ring oder Circle – offiziell heißt es schlicht „Apple Park“. „Es ist ein bisschen so, als wäre ein Raumschiff gelandet“, sagte Steve Jobs, der langjährige CEO von Apple, nur drei Monate vor seinem Tod.

Von Jennifer Lynn Karsten

Die Planung des ringförmigen gläsernen Gebäudes begann bereits vor acht Jahren. „Hi Norman, I need some help“, mit diesen Worten soll sich Steve Jobs bei Norman Foster gemeldet haben, als er ihm seine Vision eines neuen Apple Hauptquartiers vorstellte. Schnell wurde dem Architekten klar, dass Jobs eine sehr genaue Vorstellung des neuen Firmengebäudes hatte und es mit den gleichen Design-Prinzipien anging wie seine eigenen Produkte. Bei der Entwicklung des iPhones, iMacs oder iPads ging es Jobs immer darum, Unnötiges wegzulassen. Kompakt, einfach und klar sollten seine Produkte sein. Eine Fusion von Technik und Design, die das Produkt am Ende zu einem eigenen Kunstwerk machten. Jedes Mal gelang es ihm,  Produkte zu entwickeln, die entweder weit vom gängigen Standard entfernt oder aber die Referenzklasse für den Rest der Industrie werden sollten – sozusagen seine Zukunft. Und genau das hatte er sich für das neue Hauptquartier vorgenommen, das er auch wie ein Produkt behandelte.

Auf dem neuen 71 Hektar großen Campus, den Apple auf dem ehemaligen Firmengelände von Hewlett Packard errichtete, steht nun das flache ringförmige 260.000 qm große Gebäude, in dem bald 12.000 Mitarbeiter arbeiten werden. Schon seit einigen Monaten ziehen die Apple-Mitarbeiter nach und nach in die neue Firmenzentrale.

Ansicht Fassade Apple Park ©Apple

Fassadendetail mit Sonnenschutz / Foto: © Apple
 

Ganz und gar kein gewöhnliches Bürogebäude

Steve Jobs wollte kein gewöhnliches Bürogebäude, sowie er zeitlebens nicht irgendein Design wollte, er wollte nicht weniger, als „das beste Gebäude der Welt bauen“, erklärte er damals vor dem Stadtrat in Cupertino. Deswegen stiegen auch die ursprünglich angesetzten 3 Milliarden Dollar schnell auf rund 5 Milliarden Dollar: Das macht das Apple-Gebäude teurer, als das neue World Trade Center. Der Campus sollte schon 2015 bezugsfertig sein, allerdings führte Jobs Perfektionismus zu Verzögerungen. Um den Gang beim Betreten des Gebäudes nicht ändern zu müssen, sollten die Türen schwellenlos sein. Derartige Details kosteten bei der Entwicklung und Umsetzung viel Zeit und Geld.


Häufig dauerten die Treffen zwischen Steve Jobs und Fosters Architektenteam, das von anfänglich 100 Architekten schnell auf 250 anwuchs, mehr als fünf Stunden.


Jobs war besessen von Glas und wollte den Innen- mit dem Außenraum nahtlos verbinden. Ermöglichen sollten dies die 13,7 Meter hohen, gekrümmten Glasfenster, die den gesamten Ring verkleiden. Nur der schwäbische Mittelständler Seele war als einziger Glas- und Fassadenspezialist dazu in der Lage, die 800 benötigten Bauteile zu produzieren. Ein weiteres Detail, das den Architekten schlaflose Nächte bereitete, waren die Türen der Cafeteria – ein vierstöckiges Luxus-Restaurant mit Platz für 4.000 Menschen – trifft es besser.
Die 25 Meter hohen und 16 Meter breiten Türen sind 25 Tonnen schwer und sollen sich vollautomatisch in 12 Sekunden geräuschlos zum Garten hin öffnen, damit zwischen dem Innen und dem Außen keinerlei Barriere besteht.
Der Apple-Gründer hatte neben dem Glas außerdem eine Vorliebe für Holz, Stein und Stahl. Selbstverständlich nicht für irgendein Holz, jeden Stein oder Stahl.
Im Gespräch mit dem Wired-Autor Steven Levy erinnert sich Stefan Behling, ein Partner von Foster, dass es für die Bürowände unbedingt speziell gesägtes, wagenschott geschnittenes Holz, von im Januar gefällten Bäumen sein musste, weil das Holz dann am wenigsten im Saft steht.

Screenshot des Apple Park-Areals in Cupertino ©Screenshot: © Apple Maps

Screenshot des Apple Park-Areals in Cupertino / Bild: © Apple Maps
 

Büro-Pods

Die Arbeitsplätze sollten offen gestaltet werden, um die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern zu erleichtern. Die Bereiche für Arbeit und Zusammenarbeit sollten durch modulare Unterteilungen gegliedert werden.
Jobs bezeichnete diese als Pods. Es sollte Pods für Büroarbeit, Pods für Teamarbeit und Pods für Geselligkeit geben. Sie würden demokratisch verteilt werden. Nicht einmal der CEO würde eine eigene Suite erhalten. "Zuerst hatten wir keine Ahnung, was Steve eigentlich mit diesen Pods meinte. Aber er hatte alles durchdacht: ein Raum, in dem man sich eine Minute konzentrieren und in der nächsten in eine Gruppe von Menschen stoßen konnte", sagt Behling. Alles sollte im Fluss sein: Konzentration, Kreativität, Austausch und Inspiration.
Natürlich hatte sich der Apple-Gründer nicht nur um die Gebäudearchitektur Gedanken gemacht. Damit die Mitarbeiter nicht auf ein Meer von Autos schauen müssen, wurden die Parkplätze unter die Erde verlegt. Die Tiefgarage bietet Platz für 11.000 Fahrzeuge. Die Apple-Mitarbeiter sollen gefühlt im Freien arbeiten und wenn sie Inspiration oder Ruhe suchen, sofort in der Natur sein können.


„Die kalifornische Landschaft mit seinem besonderen Licht und seiner Weite hat Steve 
stets angeregt und inspiriert; es war seine bevorzugte Umgebung zum Nachdenken”

Apple


Letztlich wird Apple bis zur Fertigstellung 9.000 Bäume pflanzen. Vorwiegend Obstbäume, die Jobs an seine nordkalifornische Heimat erinnerten. Das Außengelände wird von über drei Kilometer langen Rad- und Wanderwegen durchzogen werden und im Inneren des Rings soll ein Teich entstehen.
Die Versorgung des Campus erfolgt zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien. Dafür wurden 17 Megawatt liefernde Solarpanels auf das Dach installiert. Eine Naturzuglüftung soll Heizung und Klimaanlage weitestgehend ersetzen – dies decke neun Monate des Jahres ab.
Apple Park wird auch ein Besucherzentrum mit einem Apple Store und einem öffentlich zugänglichen Café beinhalten und umfasst außerdem ein knapp 10.000 qm großes Fitnesscenter für Apple Mitarbeiter, gesicherte Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen sowie das Steve Jobs-Theater.

Diese Gebäude hat in den letzten zwei Lebensjahren einen Großteil von Jobs Zeit eingenommen – es ist quasi das letzte Produkt, das der Apple-Gründer erfunden hat. Es ist nicht nur das teuerste, sondern auch das größte Bürogebäude der Welt. Mit weniger hätte er sich wohl kaum zufrieden gegeben.

Titelbild: Mit Liebe zum Detail – Das Apple Hauptquartier im kalifornischen Cupertino ist fertig gestellt. Hier werden 12.000 Menschen arbeiten. Im Bild: Steve Jobs Theater / Foto: © Apple