Innovation Hub

Die Geschäftswelt und ihre Rahmenbedienungen sind im Umbruch. Auch die Ansprüche der Kunden haben sich rasch verändert. Viele Unternehmen werden sich grundlegend verändern und neu erfinden müssen, um auch in Zukunft mithalten zu können. Und, nicht minder wichtig, die Mitarbeiter sollten motiviert sein, sich mit dem Unternehmen identifizieren und sich auch wohl fühlen.

Von David Pašek

Die Nachfrage nach Service Design Development ist groß. C Plus Wien veranstaltet dieses Jahr schon den achten Jahrgang zum Thema Service Design. Auch Birgit Mager von der Köln International School of Design ist mit einem Modul an Board, sie hat vor 20 Jahren das Thema Service Design in Köln in Form eines Lehrstuhles entwickelt. Ab Herbst 2017 sind Lehrgänge in Berlin, Zürich und New York geplant.

Der Spirit und die Leichtigkeit von Start-ups werden zwar vielfach beschworen, sind aber innerhalb bestehender Strukturen und Hierarchien in Unternehmen und Organisationen oft nur schwer umzusetzen. Oft ist es dem Management durch das laufende Tagesgeschäft und seine Zwänge nicht möglich, grundlegenden Wandel in Angriff zu nehmen. Denn: Gängige Ansätze, eine Unternehmenskultur zu verändern, erweisen sich als oftmals langwierig. Diese fokussieren meist auf Mankos und Barrieren und sind als dauerhaft funktionierendes und sich fortlaufend entwickelndes Prinzip nur schwer zu verankern.

Öbb Innovation Hub – 02 ©Andreas Scheiblecker

Service Design, vor 20 Jahren in Köln als Lehrstuhl gegründet, gibt es heute in Wien, Berlin, Zürich und New York. / Foto: © Andreas Scheiblecker
 

Service design development

Die Organisationsentwicklerinnen Linda Kaszubski, C Plus-Gründerin, und Barbara Weber-Kainz, Partnerin von C Plus in Wien, setzen auf Service Design Development, ein Service, das der Leitungsebene und den Mitarbeitern jenseits von Hierarchien oder Abteilungszugehörigkeiten die Möglichkeit gibt, an strategischen Themen und Wicked Problems, zu arbeiten. An jenen Herausforderungen, die immer schon da waren, aber noch niemand gelöst hat oder an ganz konkreten Kundenangeboten und Services. Mit der Aufgabe stellt das Management Ressourcen zur Verfügung, etabliert ein interdisziplinäres Team, das mit verschiedenen Methoden arbeiten und so rascher zu interessanten, brauchbaren Lösungen kommen kann. Die Teilnehmer dieser Teams werden geschult und können ihren Prozess in Zukunft selbst gestalten. In einer Prozessphase nimmt jeder eine bestimmte Rolle ein, bedient sich der Methodik und der Tools von Service Design. Tools bzw. Deliverables von Service Design sind zum Beispiel: Stakeholder Map, Entwickeln von Personas, Customer Journeys, Touch-Point Analysen Prototyping, Testing, Keyfindings und Gestaltungsherausforderungen, Methoden für das Designen von Services, Prozessen und Produkten.

Die Erfahrung von C Plus zeigt, dass durch die Firmenstruktur bedingte Hindernisse schnell überwunden werden können und an Lösungsansätzen gefeilt werden kann. Der Einstieg in den Prozess ist meist projektorientiert. Der Sog kann so stark werden, dass sich der Wunsch der Beteiligten, auf diese Art zu arbeiten, verankert und die gesamte Organisation dadurch „agil“ wird und dauerhaft neue Formen von Zusammenarbeit jenseits des Silo-Denkens etabliert werden. Diese neue Form von Zusammenarbeit kann stark kulturbildend wirken.

Innovation Hub – Personas ©Service Design Management C Plus, Wien

Foto: © Service Design Management C Plus, Wien
 

Costumer journeys

Diese Vorgangsweise findet Ihre Anhänger in so unterschiedlichen Unternehmen wie in der Kapfenberger Böhler Schmiedetechnik, den ÖBB oder Österreichischen Lotterien.
Für das Service Design Development ist eine genaue Erhebungsphase grundlegend – immer so angelegt, dass es zu einem direkten Erleben der Beteiligten aus Kundenperspektive kommt. Das führt zu Perspektivenwechsel, z.B. durch Personas, die prototypische und vielleicht etwas überzeichnete Zielgruppenvertreter darstellen, oder durch Erleben der tatsächlichen Situation in sogenannten Costumer Journeys.
Eine solche Zusammenarbeit kann virtuell beginnen. Es hat sich gezeigt, dass eigene Räume für die Teams und Arbeitsweise inspirierend sind – tatsächliche Innovation Hubs können zu echten „Beschleunigern“ von Ideen und einer guten Zusammenarbeit werden. Oft laden Betreiber Gäste zu den Prozessen ein, manchmal werden sogar direkt Start-ups in den Kontext eingeladen, um gegenseitige Bereicherung zu verstärken.
Es ist naheliegend, für solche Räume möglichst coole Locations zu suchen. Die ÖBB hat ein Open Innovation Hub in der neuen Unternehmenszentrale am Hauptbahnhof eingerichtet aber auch die Lufthansa betreibt eines. Die steirische Böhler Schmiedetechnik hat am Firmenstandort Deuchendorf eine Innovation Factory errichtet, und die Unternehmensberatung Roland Berger hat in Kooperation mit Visa Europe in Berlin Kreuzberg das Spielfeld Digital Hub in einem ehemaligen Fabrikgebäude eingerichtet.

Möbelserie Jamsession

Auch C Plus hat ein 200 qm großes Innovation Hub in unmittelbarer Nähe zur Neubaugasse in Wien etabliert. Prototyping und Testing von neuen Services, Produkten und Prozessen wird dort groß geschrieben. Fein säuberlich geordnet, gibt es dafür kistenweise Material, um modellhaft Situationen oder Produktideen aufzubauen und auszuprobieren. Der wichtigste Anspruch an den Raum ist seine Wandelbarkeit: Im Laufe des Prozesses soll dieser immer neu konfiguriert werden. Dafür wurde gemeinsam mit Gundolf Leitner von squid architecture+design die Möbelserie Jamsession entwickelt, die Raum definiert, und durch die Mobilität einer Gruppe immer neu zusammengestellt werden kann. Aus der Erfahrung unzähliger Workshops sind diese Möbel funktionell gefinkelt. Das System kann individuell auf Wünsche angepasst werden, und die Produktreihe wird auch laufend um weitere Elemente ergänzt. Alles Made in Austria. 

Titelbild: Foto: © Andreas Scheiblecker