Mondikolok 1:1

David Kraler und Christoph Lachberger wollten ihr Architekturstudium an der Technischen Universität Wien mit einer konkreten Realisierung abschließen. Was liegt also näher, als eine Krankenstation in der südsudanesischen Region Kajo-keji zu entwerfen und auch zurealisieren?

Von David Pašek

Jalimo Hospital, Südsudan. Der Südsudan ist der jüngste Staat der Welt, einer der ärmsten, dabei fast acht Mal so groß wie Österreich, der in den Medien meist nur dann kurz aufscheint, wenn erneut ethnische Konflikte oder Kämpfe um Rohstoffe entbrennen. Das afrikanische Land ist von den Folgen eines der längsten Bürgerkriege mit mehreren Millionen Toten schwer gezeichnet. Nach dem Waffenstillstand von 2005 wurde mit einem Referendum über die Abspaltung des Südens abgestimmt und die Unabhängigkeit des Landes erklärt.

Mondikolok – Aussenbereich ©Fotos: © David Kraler & Christoph Lachberger

Seine Bevölkerung ist sehr jung, rund 45 Prozent der Südsudanesen sind jünger als 14 Jahre alt. Die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit beliefen sich 2014 gerade einmal auf magere 1,1 Prozent. Es fehlt in dem jungen Staat schlicht an allem. „Die Situation ist so dramatisch, dass es ohne Hilfe von außen kein Überleben gibt“, bringt es der Osttiroler Kinderarzt Dr. Franz Krösslhuber auf den Punkt. Schon seit einigen Jahren hat er sich ehrenamtlich der Aufgabe verschrieben, in der Region Kajo-keji, an der Grenze zwischen dem Südsudan und Uganda, in einem Einzugsgebiet von rund 50.000 Menschen,die medizinische Grundversorgung bei Malaria, Kindersterblichkeit, Entzündungen, Parasiten, HIV und Mangelerscheinungen zu sichern. Mit seinem Engagement spornte Krösslhuber sein Umfeld an, als wirksamste und effizienteste Maßnahme gegen die herrschenden Missstände eine eigene Krankenstation zu errichten. Ein ambitioniertes Ziel.

Mondikolok – Verputzarbeiten ©Fotos: © David Kraler & Christoph Lachberger

Zuerst verhandelte man mit lokalen „Bauträgern“, durch Zufall kam es zu Gesprächen mit David Kraler und Christoph Lachberger, den beiden Architekturstudenten an der TU Wien, die andeuteten, dass in einem solchen Projekt bei guter Planung und behutsamer Realisierung großes Potential stecke. Mit der Betreuung der Diplomarbeit erklärte sich Peter Fattinger an der TU Wien einverstanden, der schon viel Erfahrung mit „build it“-Prozessen hat und Projekte wie das add-on am Wallensteinplatz oder das future.lab begleitete, das gerade vom Wiener Karlsplatznach St. Marx übersiedelte.

FORSCHUNGSREISE OSTAFRIKA

Kraler und Lachberger gingen 2012 auf Forschungsreise nach Ostafrika mit dem Ziel, möglichst viel über die Lebensweisen, Gesundheitsversorgung, Baukultur zu erfahren und das angedachte Grundstück in Jalimo zu vermessen. Dabei entwickelten sie ein Gefühl für die Bauaufgabe und entdeckten auch einige Aspekte, die später relevant für die Planung sein sollten. Dazu zählt die Bedrohung der Bauwerke durch winzig kleine Termiten, die genetisch darauf programmiert sind, Holzbauteile als besonders nahrhafte Nahrungsquelle zu erkennen, aber auchder Umgang der regionalen Bevölkerung – Kuku – mit Baumaterialien. Viele wollen keine traditionellen Lehmbauten sondern streben nach modernen, dauerhaften und teuren Materialien wie Beton oder Blech. Das ist in der Region nicht nur bauphysikalisch problematisch, sondern erzeugt ein dürftiges Raumklima.

Mondikolok – Aussenbereich ©Fotos: © David Kraler & Christoph Lachberger

Die Außenbereiche der Krankenstation sind immens wichtig. Afrikanische Zeitwahrnehmung – Bei den wahrhaftig langen Wartezeiten sind den Patienten Schatten oder Regenschutz willkommen, aber auch die Wände des Lehmbaus werden so vor Witterung geschützt. 

Zurück in Wien, wurde die Krankenstation entworfen, die sich so kostengünstig wie möglich aus den lokalen Ressourcen speisen und die lokalen Bautraditionen weiterführen sollte. Mit jedem Strich in der Entwurfsphase war zu überprüfen, ob dies in Ostafrika überhaupt umsetzbar war. Um diesen Prozess zu dokumentieren und ihre Eindrücke zu teilen, starteten Kraler und Lachberger einen Blog. Ein Eintrag zu Baubeginn hält fest, dass „das vermessene und vorgesehene Grundstück in Jalimo nicht mehr zur Verfügung steht und auch der lokale Projektpartner ein anderer ist“. Die beiden TU Studenten brachte das keineswegs aus der Fassung. Also wurde ein neues Grundstück im nahen Mondikolok vermessen, gerodet, die Pläne angepasst und mit der Organisation der Baustoffe und Bauvorhaben begonnen.


„Intensiver kann man in Afrika nicht eintauchen.“
Christoph Lachberger, TU Wien.


In der Praxis war alles natürlich viel komplizierter und mühsamer als gedacht. Flexibilität und Improvisationstalent waren ständige Begleiter undeine konstante Herausforderung.

Mondikolok – Sanitäre Einrichtungen ©Fotos: © David Kraler & Christoph Lachberger

LEHM, TEAKHOLZ UND TERMITEN

Kein Schritt in dem Projekt war einfach, für das zentrale Bauteil, den 11,5 Meter weit gespannten Fachwerkdachträger, wurde ein Prototyp erstellt. Die lokale Nachwuchsfußballmannschaft übernahm leicht besorgt den Belastungstest. Die Holzteile wurden aus Teak hergestellt, ein in Ostafrika lokaler Baustoff, der durch Termiten gefährdet ist.


In Ananasschnaps konservierte Exemplare der Tiere schafften es zur Bestimmung der Art vom Naturhistorischen Museum bis nach Cambridge, aber die Muster konnten keiner der 2.800 bekannten Art zugeordnet werden.


Das Gebäude reagiert auf diese Gefahr in konstruktiver Weise: Termiten können nicht fliegen, daher sind jene Punkte, an denen Holzstützen mit dem Boden in Berührung kommen, auf möglichst wenige reduziert. Jene Punkte, die auf einem „termite shield“ aufkommen, kleine Mülltonnendeckel, schützen die potenzielle Futterquelle nochmals vor den Termiten.

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Fotos: © David Kraler & Christoph Lachberger