Bücherspiegel
Photographs by Werner Feiersinger. Essay by Andreas Vass.
Edited by Martin and Werner Feiersinger
1. Auflage, 2015, Text in English only, Paperback, Verlag Scheidegger & Spiess
16 x 24 cm, 416 pages, 303 color and 4 b/w illustrations
CHF 49,00 | Eur 48,00
ISBN 978-3-85881-762-4
Ein Buch wie eine Reise zu einer exotischen Kultstätte der modernen Architektur: ohne Einleitung, mit ganz reduzierten Informationen zu den abgebildeten Bauwerken, beginnt die Exkursion durch die Fotolinse von Werner Feiersinger. Mehr als 300 Fotos des Bildhauers ermöglichen das intensive Eintauchen in die Planstadt Chandigarh, die federführend von Le Corbusier geplant, und als Stadt des Aufbruchs und der Zukunft nach der Teilung Indiens in Auftrag gegeben worden war. Ohne Bindungen an europäische Bautraditionen konnten die weiteren beteiligten Architekten, Pierre Jeanneret, Jane B. Dew und E. Maxwell Fry einige jener Ideale umsetzen, die im Manifest von CIAM festgelegt worden sind.
Werner Feiersingers Perspektiven sind präzise gewählt, aber nie gestellt. Als Bildhauer interessiert er sich für die skulpturale Qualität der Bauwerke, die er in der funktionellen Nüchternheit und Konsequenz des Tragwerks, vieler seriell oder ganz speziell anmutender Details, aber auch den städtebaulichen Konstellationen findet. Dabei werden die Gegenwart, der indische Alltag und der aktuelle Zustand der Gebäude eben auch dokumentiert. Überraschend ist dabei auch die Nutzung der Innenräume samt Möblierung.
Im hinteren Teil des Buches beschäftigt sich Architekt Andreas Vass in einem Essay mit der Planungsgeschichte, bietet eine Reflektion des aktuellen Zustands und einen Ausblick auf Herausforderungen für den neuen Masterplan der Stadt.
Obwohl in Chandigarh heute doppelt so viele Menschen leben wie ursprünglich geplant, gilt die Stadt als „city beautiful“ und als indischer Sehnsuchtsort. Im Stadtwappen wird die Skulptur „Open Hand“ geführt, die Le Corbusier 1951 entworfen hat und 1985 fertig gestellt wurde.
Im Verlag Scheidegger & Spiess ist dieses Buch als Fortsetzung der Publikation „Chandigarh 1956“ von 2010 zu verstehen, einer Erstveröffentlichung der Fotodokumentation von Ernst Scheidegger zur Entstehung der Stadt.
David Pašek
GAZPROM CITY – EIN BERICHT VOM LEBEN AM ANDEREN ENDE DER PIPELINE.
Hg. Sophie Panzer und Christina Simmel
Mit Beiträgen von Suzanne Bontemps, Sophie Panzer, Christina Simmel
und einem Glossar von Gertrude Saxinger
Deutsch / Russisch / Englisch
136 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 16 x 22,4 cm
Broschur, fadengeheftet, Schlebrügge.Editor, Wien, 2015
ISBN 978-3-902833-80-8
EUR 22,00 [A] / EUR 21,40 [D]
Auf den Erdgasfeldern rund um Nowy Urengoi fördert Gazprom mehr als die Hälfte des in Russland produzierten Erdgases. Ein erheblicher Teil davon ist für den Export nach Europa bestimmt.
Das Buch berichtet vom Leben in der russischen Erdgashauptstadt Nowy Urengoi in Westsibirien. Der systematische Aufbau der gigantischen Erdgasindustrie erfolgte rund um diese Lagerstätte: Transportwege wurden gebaut, Förderanlagen errichtet, hunderte Kilometer von Pipelines verlegt und Schritt für Schrittwuchs aus einer kleinen Arbeitersiedlung eine Großstadt. Hier fallen die Temperaturen im Winter nicht selten auf Minus 50 Grad Celsius. Dennoch lockt der dliny rubl, der lange Rubel, heute wie damals zahlreiche junge Russen an den Polarkreis – denn diese Stadt ist reich und Arbeit in der Erdgasbranche steht für ein gesichertes und für russische Verhältnisse hohes Einkommen.
Die Existenz der Stadt ist alternativlos an die Ressource Erdgas geknüpft – und an einen stadtbildenden Konzern: Gazprom fördert mit seinen lokalen Tochterunternehmen gigantische Mengen des Rohstoffes zutage. Mehr als die Hälfte des in Russland produzierten Erdgases kommen von den Feldern rund um Nowy Urengoi, inoffiziell die Erdgashauptstadt Russlands oder: GAZPROM CITY.
Gazprom wird zwar regelmäßig in Politik und Medien thematisiert, im Vordergrund steht dabei stets die wechselseitige Abhängigkeit von Westeuropa und Russland durch Erdgasimporte und -exporte und die damit verbundenen Konsequenzen für die Konsumenten in Europa. Die Voraussetzungen für die Förderung und die Lebensbedingungen der Menschen an der Quelle in Westsibirien werden hingegen weit weniger diskutiert. Gazprom hat den Autorinnen nach langem Ansuchen die Erlaubnis erteilt, die für Ausländer gesperrte Stadt zu besuchen. Der Aufenthalt in Nowy Urengoi, auf den rundum liegenden Erdgasfeldern und in den Siedlungen der Schichtarbeiter ermöglichte, Interviews und Gespräche mit den Bewohnern der Stadt und Arbeitern auf den Gasfeldern zu führen. Der Alltag in der Konzernstadt wird so lebendig skizziert. Es sind ihre Stimmen, die berichten, wie einer der Pioniere.