Der Mont und das Meer

Der Mont und das Meer ©David Boureau
Foto: David Boureau

Der Mont Saint-Michel in der Normandie ist Touristenmagnet, Nationaldenkmal und Unesco-Weltkulturerbe. Er drohte im Laufe der Jahre zu verlanden. Man baute einen Damm am Fluss Couesnon, entfernte die alte Deichstraße und organisierte die Zufahrt komplett neu. Dietmar Feichtinger Architectes planten den einzigartig filigranen Steg auf 134 zarten Stützen, der das Wasser wieder um den Klosterberg fließen lässt. Im Herbst wurde er feierlich eröffnet.

Von Isabella Marboe

Es war ein gewaltiger Kraftakt. Zwar wurden keine Berge versetzt, aber immerhin eine alte Deichstraße abgetragen und ein neuer Damm gebaut, um das Meer wieder zum Fließen zu bringen und die Aura des Mont Saint-Michel zu retten. Bereits 1995 hatte man ein Projekt zum Stopp seiner Verlandung initiiert, 2002 gewannen Dietmar Feichtinger Architectes den Wettbewerb für die neue Zufahrtssituation, die den Mont wieder zur Insel macht. Über zehn Jahre zog sich der Bau für den Steg hin, der den Klosterberg so filigran wie souverän an das Festland anbindet. 1.200 Meter führt er als Deichstraße weiter zum riesigen, neuen Sammelparkplatz.

Schwierige Ausgangslage

Der Bauplatz, seine Rahmenbedingungen und die vielen Zuständigkeiten der Bauherrenschaft, das Syndicat mixte Baie du Mont Saint-Michel, das von Denkmalpflege bis Naturschutz alle Agenden vereinte, waren schwierig und komplex. Tangue, der organische, algenreiche, halbflüssig-glitschige Meerschlamm, bildete einen fordernden Baugrund. Außerdem war die Baustelle dem ständigen Wechsel von Ebbe und Flut unterworfen, der Touristenstrom riss nie ab. Projektleiter Matthias Neveling zog eigens in die Normandie, um ständig vor Ort zu sein. Nun ist der Damm am Fluss Couesnon gebaut, sind die alte Dammstraße und 15 Hektar Parkplatz abgetragen, Steg, Deichstraße und Ankunftsplateau errichtet.

Der Mont und das Meer ©Michael Zimmermann
Foto: sbp / Michael Zimmermann

Bei Flut ragt der Mont hoheitsvoll aus dem Wasser und spiegelt sich im Meer. Ein Wunder.

20.000 Menschen pilgerten zur Eröffnung im Oktober, um es zu feiern. Denn der Klosterberg, der erstmals 708/709 mit einem Sanktuarium zu Ehren des Heiligen Michael bebaut wurde und seither wie ein Fels in der Brandung der Flut standgehalten hatte, war verlandet. Vierzehn bis fünfzehn Meter beträgt der Tidenhub am Mont Saint-Michel, der größte Europas.

Um 965 gründeten die Benediktiner dort ihr Kloster, 1017 begann Abt Hildebert II. mit dem Bau der Anlage, die erst 1520 fertig gestellt wurde. Schneckenförmig, von steilen Treppen und Gängen durchzogen, windet sich das Kloster mit seinen langen Korridoren, kleinen Zellen, hölzernen Deckengewölben, Basiliken, Kapellen und Kreuzgängen den Berg empor, der spitze Turm der Abtei ist von Weitem zu sehen. 

Der Mont und das Meer ©Isabella Marboe
Foto: Isabella Marboe

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Dietmar Feichtinger ©Feichtinger
DIETMAR FEICHTINGER

Dietmar Feichtinger, Arch. Dipl.-Ing., studierte Architektur an der TU Graz und arbeitete zunächst in den Büros der Architekten Huth, Giencke sowie Kada. 1989 wechselte er nach Paris, wo er bei Chaix & Morel als Projektleiter tätig war. 1994 gründete er Feichtinger Architectes Paris. Mehrere Professuren, u.a. in Innsbruck, Aachen und Paris. 2002 gründete er Feichtinger Architectes Wien. Gestaltungsbeirat der Stadt Salzburg 2006– 2010. 2014 wurde Dietmar Feichtinger an die Akademie der Künste in Berlin berufen.

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