Was Sie über das Beichten unbedingt wissen sollten

Auf ein Wort: Haben Sie etwas zu beichten? Haben Sie etwas gemacht, von dem Sie glauben, dass es nicht mehr in ein normales Gespräch passt? Etwas, das selbst die beste Freundin nicht mit Zustimmung und Verständnis honoriert und eigentlich geht es Ihnen doch um die Absolution? Und wollen Sie vielleicht wieder einmal einen Trend starten? Dann setzen Sie sich in einen Beichtstuhl, das macht nämlich mittlerweile fast niemand mehr.

Von MAX BRUSTBAUER

Die Beichte zählt zu den sieben Sakramenten der katholischen und orthodoxen Kirche, im Protestantismus ist sie sogar explizit als drittes gelistet, dort gibt es aber auch nur drei. Sie ist eine ernste Sache, weil sie die sichtbare Wirkung der Unsichtbarkeit Gottes ist und weil sie geheim ist; so geheim, dass ohne sie die Kirche sicher nicht 2.000 Jahre überlebt hätte; und so geheim, dass mir die Diözese Wien nicht einmal auf meine Email geantwortet hat. Dabei geht es hier eigentlich nur um Beichtstühle. Weil aber die Beichte zum Beichtstuhl gehört, wie die Kronen Zeitung zum Sonntag, werden keine Informationen darüber preisgegeben; eine unsichtbare Wirkung der Existenz der Kirche also.

Bevor wir endgültig zum Möbelstück Beichtstuhl kommen, gehen wir zum Anfang: Am Anfang war die Beichte ein Heidenspaß. Vermutlich bis ins fünfte Jahrhundert, teilweise sogar noch bis ins frühe Mittelalter, musste der Sünder vor der gesamten Gemeinde Buße ablegen, stellen Sie sich das einmal vor.

Seither gibt es das Prinzip der Ohrenbeichte, also der direkten und privaten Aussprache mit dem Priester, und jetzt sind wir endlich beim Möbelstück.

Ein Stuhl ist etwas anderes als eine Bank oder ein Hocker, auch heute noch. Früher war ein Stuhl ein repräsentatives Objekt, Kaiser saßen auf Stühlen und Päpste erließen ex ­cathedra unfehlbare Entscheidungen über die Glaubenslehre, eben vom Lehrstuhl aus. In der Antike noch ein Symbol für Vollmacht, wurde er bei den Christen zur apostolischen Amtsvollmacht. Ab dem Mittelalter durfte bei der Beichte schließlich davor gekniet werden, also in einer nüchternen, funktionalen Variante.

Obwohl die Gläubigen jetzt nicht mehr vor Familie, Freunden und Bekannten von ihren Phantasien und Taten sprechen mussten, stieg die Scham offensichtlich. Das direkte Gespräch unter zwei Menschen war belastend, vielleicht ob der unmittelbaren ­Reaktionen im Antlitz des Zuhörers? Und wer garantiert, dass das nicht alles weitererzählt wird?

Das Beichtgeheimnis für Priester sollte 1215 erst mit dem IV. Laterankonzil genau definiert werden. Die Antwort: zwei Kammern nebeneinander, gespickt mit Symbolen. Noch heute findet sich auf vielen Beichtstühlen eine Rose. Sub rosa bedeutet unter dem Mantel der Verschwiegenheit, denken Sie daran, wem Sie beim nächsten Mal Rosen schenken ...

Bild: Beichtstühle befinden sich im Dom von Pienza, einer humanistischen Idealstadt in der Toskana, schon am Hauptportal. Ominöse Dinger, der Blick darauf fördert die Reue, das Öffentliche den Instinkt der Menschen, es reizt an uns.