"DER ZIEGEL IST EIN ARCHAISCHES PRODUKT"

Der mit Mineralwolle verfüllte Porotherm W.i wird seit 2013 in Österreich produziert. Warum Österreicher gerne mit einschaligen Ziegel bauen und dabei auch höhere Investitionskosten in Kauf nehmen, erfragte QUER-Chefredakteurin Doris Lippitsch im Gespräch mit Christian Weinhapl, Geschäftsführer der Wienerberger Ziegelindustrie.

Wie ist der mit Dämmstoff verfüllte Ziegel bei Wienerberger entstanden?
Christian Weinhapl: Schlagmann, eine 50%- Beteiligung der Wienerberger, hat in Deutschland bereits sehr früh mit der Befüllung von Ziegeln begonnen. Diese Produktinnovation ist damit bereits seit zehn Jahren am Markt. Vor dreieinhalb Jahren haben wir das Produkt auch in Österreich eingeführt, allerdings mit Mineralwolle- und nicht wie in Deutschland mit Perlite-Verfüllung. Wir haben gesehen, dass bei Perlite die technischen Möglichkeiten im Wärmeschutz begrenzt sind. Bei Mineralwolle sehen wir weiteres Entwicklungspotenzial bei den Wärmeschutzeigenschaften und können damit einen mineralischen Dämmstoff einsetzen, der auch noch großes Potenzial in der Zukunft hat..

Wie wurde der verfüllte Ziegel auf den österreichischen Markt gebracht?
Wir haben also vor dreieinhalb Jahren mit der Markteinführung in Österreich begonnen, im ersten Jahr noch von Schlagmann importiert und beobachtet, wie der Markt darauf reagiert, wie hoch die Akzeptanz ist. Was braucht der Markt? Wir haben bald gesehen, dass das trotz einer höheren Preispositionierung gut funktioniert, weil die Kunden den Mehrnutzen erkennen. Ende 2012 haben wir entschieden in eine eigene Produktionsanlage in Oberösterreich zu investieren. Das Werk in Haiding bei Wels bietet dafür die idealen Voraussetzungen. Der Ziegel ist zwar ein archaisches Produkt – seit Jahrtausenden hergestellt aus den Komponenten Ton, Wasser, Feuer und Luft – die neue Verfüll-Technologie aber ist hightech. Drei Roboter arbeiten simultan, Mineralwolle in Pads zu schneiden und drei Ziegel im Schuhlöffelprinzip in einem Arbeitsschritt  zu befüllen.

MIWO-Verfuellanlage ©Wienerberger Ziegel-Zufuehrung ©Wienerberger

Wie viele in der Stunde? Und wie wird produziert?
Bis zu 800 Stück pro Stunde können befüllt werden. Die Kapazität ist damit für die ­nächsten Jahre ausreichend gegeben. Das geht im Sekundentakt und ist ein hochtechnisierter Prozess mit Computersteuerung. Haiding hat deshalb die idealen Voraussetzungen, weil wir in dem Werk eine einlagige Ziegelproduktion haben. Auf  konventionellen Ofenwägen liegen im Gegensatz dazu oft sechs und mehr Ziegelreihen übereinander, die dann im Ofen gebrannt werden. Durch das hohe Gewicht gibt es dabei in den unteren Lagen manchmal  minimale Verformungen. 1–2 Millimeter, die in der normalen Verarbeitung kaum eine Rolle spielen. Aber bei Befüllung mit Mineralwolle-Pads kommt es darauf an, dass der Ziegel in der Präzision und bei den Toleranzen passt, ansonsten kommen die Werkzeuge nicht hinein. Haiding hat also eine solche einlagige Produktion. Jeder Ziegel kommt einzeln auf die Trocken- und Ofenwagen. Die Entscheidung war deshalb klar, die ­Investition in Haiding zu machen.

Wie bewährt sich der neue Porotherm in der ökologischen Debatte?
Wir sind mit der neuen Produktlinie zu einem günstigen Zeitpunkt in den österreichischen Markt eingestiegen, als der Trend zu nachhaltigen Produkten bereits sehr groß war. Viele stellen sich mittlerweile die Frage, ob es tatsächlich ratsam ist, auf einen 25er-Ziegel 30 cm Außendämmung aufzukleben. Mit einschaligen Ziegeln, so wie wir sie bis zu diesem Zeitpunkt produziert haben, sind wir an technologische Grenzen bei den U-Werten (Wärmedurchgangskoeffizient) gestoßen. Das Ziel war klar: Der Wärmeschutz muss weiter verbessert werden, daher der Paradigmenwechsel zum verfüllten Ziegel, einem robusten Ziegel mit dickeren Stegen (12–18 mm); den Wärmeschutz holen wir uns nun vor allem über die Mineralwolle-Pads, die wir einfüllen.

Welche Vorteile hat es für den privaten Bauherrn, mit W.i-Ziegel zu bauen?
Will er energieeffizient und einschalig bauen, also eine Ziegelwand mit Außen- und Innenputz ohne Zusatzdämmung, ist die neue Ziegelgeneration Porotherm W.i State of the art, das Beste, was es derzeit bei Ziegel am Markt gibt.

Die Frage ist: Bin ich als Bauherr bereit einmalig Mehrkosten von 5.000–9.000 Euro für ein durchschnittliches Einfamilienhaus zu investieren? Wie stellen sich diese Mehrkosten in Relation zur Lebensdauer und zu den Gesamtbaukosten des Gebäudes (in der Regel ab 250.000 Euro) dar? Die Wände sind nämlich neben der Decke der einzige Teil, der nachträglich nicht mehr austauschbar ist, Bodenbelege, Türen und Fenster aber sehr wohl ...

 

Christian Weinhapl ©Wienerberger

Christian Weinhapl, Mag., geb. 1962, studierte Betriebswirtschaft an der WU Wien und war erst bei einer Tochterfirma der Tarbuk Österreich Gruppe und im Marketing bei der Fepla Hirsch AG tätig, bevor er seine Karriere bei der Wie­nerberger Ziegelindustrie AG Österreich begann. 1995 übernahm er auch die Vertriebsleitung und erhielt 1999 die Gesamtprokura. Seit Juli 2010 ist Weinhapl Alleingeschäftsführer der Wienerberger Ziegelindustrie GmbH Österreich.