Bücherspiegel

Das Haus der drei Religionen ©Archiv

Das Haus der drei Religionen
Bet- und Lehrhaus Berlin, Entwürfe für einen Sakralbau von morgen
Gregor Hoberg / Roland Stolte (Hg.)
225 x 280 mm, 268 Seiten
Über 180 Abbildungen, Hardcover
mit Schutzumschlag
deutsch, türkisch, englisch, hebräisch, arabisch
2013 DOM publishers, Berlin
ISBN 978-386922-260-8
EUR 48,00 / CHF 57,60

Juden, Christen und Muslime wollen in Berlin ein neues Gotteshaus errichten. Unter einem gemeinsamen Dach sollen sich eine Synagoge, eine Kirche und eine Moschee vereinen. Die Einmaligkeit, die dem Vorhaben innewohnt, zeigt das Buch „Das Haus der drei Religionen“. Denn bisher gibt es an keinem Ort der Erde ein Haus, das von allen drei Religionen genutzt wird und allen Menschen offen steht. Am Petriplatz, dort wo Berlins erste Kirche stand, dem Ursprungsort der Stadt, soll das multireligiöse Bet- und Lehrhaus realisiert werden.

Das Buch dokumentiert die Ergebnisse des internationalen Architekturwettbewerbs, der im April 2012 ausgelobt, im September 2012 entschieden wurde, mit 38 Entwürfen. Es ist in fünf Sprachen verfasst: deutsch, englisch, türkisch, hebräisch und arabisch. Deshalb gibt es auch keine Vorder- und Rückseite, sondern zwei Vorderseiten – denn während die einen von links nach rechts lesen, machen es die anderen genau umgekehrt.

Den Wettbewerb gewann das Berliner Büro Kühn Malvezzi. Es habe „eine überaus komplexe Aufgabe mit bewundernswerter Souveränität gelöst“, so Jury-Vorsitzender Hans Kollhoff. Der Siegerentwurf zeichnet den Grundriss der früheren Petrikirche nach und setzt sich nach oben hin als massiger Kubus mit einem 32 Meter hohen Turm fort. Der Entwurf hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Vor allem galt es, den Anspruch zu erfüllen, Juden, Muslimen und Christen Möglichkeiten der zwanglosen Begegnung, aber auch des Rückzugs in den jeweils eigenen Andachtsräumen zu geben. Moschee und Synagoge müssen nach Osten ausgerichtet sein. Damit möglichst viele Schulter an Schulter beten können, benötigen Muslime einen quadratischen Raum, Juden für das Laubhüttenfest Platz auf dem Dach.

Das neue Bet- und Lehrhaus ist als eine Abfolge von Orten zu verstehen, wie Stationen eines Wegs. Jeder Ort erfüllt eine eigene Bestimmung, zusammen bilden die Orte ein vitales Ensemble von Situationen.

Alle Entwürfe werden mit Modellfoto und kurzem Erläuterungstext vorgestellt, die ohne Referenzprojekte oder Vorbilder sind, da der Wettbewerb eine bisher ungedachte Bautypologie fordert. Anhand der Grundrisse, Schnitte und Ansichten erschließt sich ein detailliertes Bild der Raumkonzeption.
JENNIFER LYNN KARSTEN

Aldo Rossi ©Archiv

Aldo Rossi
Wissenschaftliche
Selbstbiografie

Aus dem Italienischen von Heinrich Helfenstein
Vorwort von Johannes Gachnang
24,5 x 21 cm, 192 Seiten,
30 farbige und 21 SW-Abbildungen
Neuausgabe, gebunden,
2014 Park Books, Zürich
ISBN 978-3-906027-23-4
EUR 29,- / CHF 34,-

Die Wissenschaftliche Selbstbiografie des Mailänder Architekten und Architekturtheoretikers Aldo Rossi (1931–1997) war jahrelang vergriffen und ist nun in einer überarbeiteten und erweiterten Neuausgabe in deutscher Fassung erhältlich. Rossi war eine charismatische Persönlichkeit und prägte durch seine Lehrtätigkeit an der ETH Zürich eine ganze Generation von Architekten.

Der einflussreiche Grundlagentext der Architekturtheorie stützt sich auf Max Plancks gleichnamige Schrift zu den Entdeckungen der modernen Physik. Der wichtigste Bezugspunkt ist dabei das Gesetz von der Erhaltung der Energie, d.h. dass verausgabte Arbeit nicht verloren geht, Energie also fortbesteht. Material und Energie sind in der Architektur, auch in anderen Techniken und Künsten, eng miteinander verknüpft. Das Prinzip, das für jeden Bau gilt, ist das ­tempo, das Zeit wie Wetter bedeutet. So machte er die Erfahrung von tempo im zeitlichen wie ­atmosphärischen Sinn erstmals in Albertis Kirche Sant’Andrea in ­Mantua zur Architektur: Die Erfahrung einer exakten Form, die sich der Zeit entgegenstellt, bis sie von ihr aufgelöst wird. Für Rossi zweifelsohne auf eine Art, die eine grundlegende Suche nach dem Glück zum Ausdruck zu bringt.

In der Form wird das Material etwas anderes. Die Form bestimmt einen Bau, die Funktion aber verändert sich ständig. Größenordnung ist für Rossi grundlegend, um verschiedene Funktionen zu ermöglichen.

Diese doppelte Bedeutung der Energie ist Ausgangspunkt schon für Rossis erstes Buch „Die Architektur der Stadt“. Später ergänzte Rossi um die komplexeren Motivationen der Analogien, die alles, was wir tun, durchsetzen. Dass mit architektonischen Mitteln ein Geschehen oder Ereignis begünstigt und gefördert werden kann, wird in seiner Arbeit mit zunehmendem Bewusstsein immer wichtiger.

Rossis Autobiografie orientiert sich an für ihn bedeutsamen Künstlern, Architekten und Orten. Die Neuausgabe ist um zahlreiche unveröffentlichte Farbzeichnungen erweitert, die Rossis Schaffen eindrucksvoll illustrieren. Rossis wissenschaftliche Selbstbiografie ist unbedingt empfehlenswert und sollte in keiner gut sortierten Bibliothek fehlen!
DORIS LIPPITSCH

Der Bauplan ©Archiv

Der Bauplan
Werkzeug des Architekten

Annette Spiro / David Ganzoni (Hg)
328 Seiten,
262 farbige und 77 sw Abbildungen, Hardcover
2013, Park Books, Zürich
ISBN 978-3-906027-30-2
EUR 95,- / CHF 120,-

Trotz des stolzen Gewichts von zweieinhalb Kilogramm ist dies kein typisches Coffee-Table-Book: Es basiert auf der wissenschaftlichen Arbeit der Architektin Anette Spiro an der ETH Zürich, die sich lange mit Bauplänen aller Art auseinandergesetzt hat und darin eine universelle grafische Sprache entdeckte, die sich an einen kleinen Kreis von Eingeweihten wendet.

Veröffentlichen Architekten Pläne, werden diese meist speziell aufbereitet – manche Architekturzeitschriften beschäftigen dafür sogar technische Zeichner, die Pläne mitunter auch neu zeichnen.

Dieses Buch geht genau dem Gegenteil nach: Es handelt von der persönlichen Handschrift, der Methodik und den vielfältigen Zugängen der verschiedenen Architekten, um technische und architektonische Vorgaben klar zu vermitteln, und von den Möglichkeiten, geometrisch komplexe und zeitlich versetzte Vorgänge darzustellen.

Das Kernstück sind 100 sorgsam ausgewählte und perfekt reproduzierte Baupläne von verschiedensten Autoren, die mit kurzen Anmerkungen nach 12 Aspekten, wie "Bauanleitung", "Ziffern und Zeichen“ oder "Raum" gruppiert sind, und den Leser zum Studieren und Vergleichen herausfordern sollen.

So groß und schwer das Buch auch ist – und wie viele Seiten zusätzlich auch noch herauszuklappen sein mögen – im Original sind die meisten Pläne noch viel größer. Damit der Leser aber auch ein Gefühl für die Striche in originärer Größe bekommt, gibt es jeweils auch einen nicht skalierten Ausschnitt.

Ergänzt wird die Publikation mit knackigen Essays von berufenen Architekten-Autoren wie Hermann Czech zur Funktion von Plänen im Entwurfsprozess oder Kornel Ringli zum Mythos um die Werkpläne des TWA-Terminals von Eero Saarinen. Jonathan Sergison berichtet von der personellen Verteilung der Zeichenaufgaben in seinem Büro und stellt anhand von Maßstäben, vom Nebeneinander von digitalen und analogen Methoden fest, dass "jedes Architekturbüro durch die Art der Baupläne etwas von seiner Kultur und Haltung deutlich macht".

Peter Zumthors Werkzeichnungen würdigt Philip Ursprung mit "In Gestalt der Werkpläne […] ist die Arbeit der Architekten präsent".
DAVID PASEK