BÜCHERSPIEGEL

BAUMHÄUSER: NEUE ARCHITEKTUR IN DEN BÄUMEN ©QUER-Archiv

Baumhäuser: Neue Architektur in den Bäumen
Andreas Wenning
DOM publishers
225 × 280 mm, 288 Seiten, über 200 Abbildungen, 58 EUR.
Hardcover Deutsche Ausgabe ISBN: 978-3-86922-171-7

Für viele ist ein Baumhaus ein Kindheitstraum: hoch über der Erde inmitten eines Baumwipfels zu sitzen und die Aussicht zu genießen. Doch schon längst sind Baumhäuser nicht bloß Spielorte für Kinder. Viele Erwachsene scheinen sich inzwischen zu fragen, welche Abenteuerräume ihr Leben heute noch hat, und sehen vermutlich wenige. Sie sehnen sich nach der Erfüllung früherer Kindheitsträume. Der Bremer Architekt Andreas Wenning kann solche erfüllen und hat sich auf die Planung und Realisierung von Baumhäusern spezialisiert.

In seinem Buch „Baumhäuser: Neue Architektur in den Bäumen“ stellt er 30 seiner international realisierten Projekte vor und liefert dazu Hintergrundwissen. Mal ist das Baumhaus ein Hotel oder eine Herberge, mal ein Konferenz- oder Seminarraum, mal ein privates Refugium für die Familie. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, nur der Planung. Viele Vorhaben werden gar nicht erst vom Bauamt genehmigt, da Baumhäuser baurechtlich als Gebäude eingestuft und nach den gleichen Maßstäben beurteilt werden. Häufig scheitert es schon an der Lage: Wenn sich der Garten zum Beispiel nicht mehr innerhalb der Ortschaft befindet, darf ein Baumhaus dort nicht gebaut werden. Vielleicht wurden deshalb in Deutschland nur rund 100 Baumhäuser professionell realisiert. Aus diesem Grund hat sich Wenning internationalisiert. So entwarf er mit seinem einzigen Mitarbeiter Baumhäuser in Mexiko direkt vor Ort oder betreute in Brasilien und New York die Ausführungen. Immer realisiert der Baumhausarchitekt die Projekte mit ihm vertrauten deutschen Handwerkern. Auf deren Mitarbeit könne er sich stets verlassen und die teure Zeit beim Bau knapp halten. Die Baukosten für ein Baumhaus liegen zwischen 18.000 und 150.000 Euro – je nach Ausstattung und Montagemöglichkeiten. Technisch gesehen ist der Bau eines Baumhauses immer eine neue Herausforderung. Denn beim Bau muss nicht nur Wind und Wetter berücksichtigt, sondern stets auch bedacht werden, dass sich der neue Lebensraum für Menschen dem komplexen Lebewesen Baum und seinem Wachstum anpassen muss.

Jennifer Lynn Karsten

ARCHITEKTUR ZWISCHEN KoNZEpT UND STRATEGIE EDUARD SANCHo poU ©QUER-Archiv

Architektur zwischen Konzept und Strategie
Eduard Sancho Pou
Übersetzung aus dem Spanischen: Kirsten Heininger, Nicole Brodehl
192 Seiten mit zahlreichen Fotos, Abbildungen und Zeichnungen.
Format 19 × 23,5 cm.
Hardcover: EUR 39,– / CHF 61,–
DETAIL – Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG
ISBN 978-3-920034-85-0

In unseren Breiten scheint die Frage unanständig zu sein, wie Geld und Erfolg zum Architekten und zur Architektin kommen. Den Architekturstudenten wird gleich anfangs vermittelt, dass die berufliche Situation insgesamt schwierig ist, und es später finanziell schlecht bis sehr schlecht bestellt sein wird. Dem stehen international außerordentlich erfolgreiche Architekturbüros gegenüber; diese zu analysieren, scheint aber überflüssig.

Eines wird dem Leser bei dieser Lektüre sofort klar: Die Qualität der Architektur selbst ist dabei leider nicht der entscheidende Faktor. In sechs Kapiteln beschäftigt sich der Autor mit jenen Phänomenen, die prägenden Einfluss auf die gebaute Umwelt haben und sich aus der Logik des Marketings, der Aufmerksamkeitsökonomie, der Kommunikation oder der Politik ableiten. Anhand von praktischen Beispielen verschiedener Architekten, die sich ähnlich spannend wie Krimis lesen, nähert man sich den erfolgreichen Strategien und Konzepten an, aber auch Geschichten, die erst nach Anpassungen gut wurden oder die mit der Zeit nicht mehr funktioniert haben und zu Fehlschlägen führten.

Der Autor bezieht die meisten Beispiele aus den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Das ist sinnvoll, da sich die Ansätze aus der frühen Marketingphase gut und nachvollziehbar ableiten lassen. Erfolgreiche Architekturbüros haben daraus gelernt, und ihr Profil umfasst meist mehr als Planungsleistungen: So entwickeln Architekten auch Firmenkonzepte, befeuern die Mythen der Produktwelten oder erarbeiten Strategien, die den Wandel von Stadtteilen oder Landstrichen bewirken können.

Besonders die aktuellen Studien über das dänische Architekturbüro  BIG-Bjarke Ingels Group oder das chinesische Büro MADA-Quingyun Ma wecken den Wunsch nach mehr in dieser Art und vielleicht auch nach einer Ergänzung von Vorgangsweisen, mit denen kleinere und lokal agierende Büros erfolgreich sind und sein können.

David Pasek

TÖNNESMANN, ANDREAS: pIENZA – STÄDTEBAU UND HUMANISMUS ©QUER-Archiv

Tönnesmann, Andreas: Pienza – Städtebau und Humanismus,
Wagenbach Verlag Berlin 2013
Kartoniert, 14,90 EUR
ISBN: 978 3 8031 2717 4
Monopoly, Berlin 2011, Wagenbach
ISBN: 978 3 8051 5181 0

Was ist eine ideale Stadt? Andreas Tönnesmann ist einer Antwort in zwei Bänden nähergekommen: Die ideale Stadt finde sich sowohl im humanistischen Ideal als auch im Monopoly wieder. Gewagt bis unglaubwürdig meinen wir? Nein!

Das zentrale Motiv der idealen Stadt ist die übersichtliche Anordnung des Raumes. Der strukturelle Kern ist Stabilitätsfaktor und garantiert Erkennbarkeit sowie Identität.
Papst Pius II., der „Erbauer“ der toskanischen Stadt Pienza, und Charles Darrow, der „Erfinder“ von Monopoly, haben eines gemeinsam: Sie waren mit dieser Idee nicht die Ersten. Sowohl in Pienza als auch bei Monopoly geschieht diese innere Ordnung durch die Dialektik von Öffnung und Schließung der Stadt in der Gesamtkomposition und in der Betrachtung des Einzelnen. Allen Bewohnern oder Spielern soll es möglich sein, am Stadtleben teilzuhaben. In der Renaissance geht das auf einen „willentlichen Zusammenschluss der führenden gesellschaftlichen Kräfte in einer hierarchisch geordneten Republik“ zurück.

Die ideale Stadt ist immer auch Staat, eine geschlossene Gruppe – sie wird zur Form und Allegorie der idealen Gesellschaft. Und Utopie bedeutet immer Umkehrung von Erfahrung und Schaffung neuer Wirklichkeit im gedanklichen Experiment, im sprachlichen oder gestalterischen Wagnis.

Eine weitere Forderung der humanistischen Idealvorstellung ist die Disziplinierung der Bürger. Bei Monopoly ist kein Ausweg möglich, wir durchlaufen den sozialen Aufstieg automatisch. In Pienza öffnen sich der Papst- und der Bischofspalast, das Rathaus und der Dom zum zentralen Platz hin – und sowohl in Pienza als auch in Monopoly findet sich ein Gefängnis.

Tönnesmann gelingt es mit den beiden Büchern, eine Brücke zu schlagen. Er holt uns bei Kindheitserinnerungen ab, und früher oder später landen wir bei Gedankengebäuden, die in völlig unerwartete Hemisphären reichen - ganz spielerisch macht er das für uns. Das ist gut, das ist empfehlenswert, denn laut Friedrich Schiller spielt „der Mensch nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Max Brustbauer