Mutter Georgia und der wilde Kaukasus

Einst goldumflortes Königreich, blickt Georgien auf eine lange bewegte Geschichte zurück. Schon Marco Polo schwärmte in seinen Reiseberichten von der herrlichen Stadt Tiflissi und pries ihre heißen Quellen. Karawansereien und orientalische Schnitzereien an den Holzbalkonen säumten die prächtige Altstadt, durch die einst die Seidenstraße führte. Das Land in Transkaukasien, von seinen Bewohnern gerne auch als Balkon Europas bezeichnet, verfügt über mehrere Klimazonen und eine ungemein vielfältige Kultur. Doch, das Land steckt in einer tiefen Krise. Die Bürgerkriege in den abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien führten zu Massenflucht und -vertreibungen. Ein Nato-Beitritt des Landes ist derzeit ebenso wenig realistisch wie eine volle EU-Mitgliedschaft. Von jeher Sehnsuchtsland der Russen, dürfte die Zukunft Georgiens allem Anschein zum Trotz in Moskau entschieden werden.

Von Doris Lippitsch

Zminda Sameba-Kirche mit Qasbeg (oder Kasbek), dem dritthöchsten Berg Georgiens (5.047m) an der georgisch-russischen Grenze. In der griechischen Mythologie ist der Qasbeg jener Berg, an den Prometheus angekettet wurde, weil er den Menschen das Feuer geschenkt und so den Göttern das Licht gestohlen hatte. Ein Adler riss ihm dort täglich die nachwachsende Leber aus dem Leib. Herakles befreite ihn von den Fesseln, Prometheus musste aber weiterhin einen Ring mit einem Stein vom Kaukasus tragen.

Die Gergetier Dreifaltigkeitskirche ist ein Heiligtum der georgischen Kultur und die einzige Kuppelkirche im Kaukasus. Jahrhundertelang wurden der georgische Kronschatz und das Weinrebenkreuz der Georgisch-Orthodoxen Apostelkirche, das Kreuz der Heiligen Nino, in der Zminda Sameba-Kirche aufbewahrt. Die Kirche ist nach dem ehemaligen Dorf Gergeti benannt, dessen Bewohner Unterhaltspflicht für dieKirche hatten. Sie waren "Leibeigene der Dreifaltigkeit".

In Gergeti wurde die georgische Chronik, Mosachsenebeli Sultai, geschrieben ...

Flüchtlingslager um Tiflis ©QUER
Umsiedlung von Abchasen und Südosseten nach dem Kaukasuskrieg 2008 in Flüchtlingslager um Tiflis, 2014: „Das verzeiht das georgische Volk Saakaschwili nie!"

Saakaschwili und die Rosenrevolution
Der Konflikt mit Georgien spitzt sich unter Georgiens neuem Präsidenten Micheil Saakaschwili zu, als sich Adscharien im Oktober 2003 der Rosenrevolution widersetzt. Erst Gefolgsmann Schewardnadses und georgischer Justizminister (bis 2001), gründet Saakaschwili die Oppositionspartei Vereinte Nationale Bewegung und ist Wortführer der Rosenrevolution. Seine Politik ist westlich orientiert und bestrebt, Georgien in die Europäische Union und in die Nato zu führen. Er ist der "Kennedy vom Kaukasus"...