Zwischen Nippes ... und Playboy Architektur

50 Dollar hat Marilyn Monroe für die legendäre Nacktaufnahme erhalten, die 1953 das Cover der ersten Playboy-Ausgabe ­Amerikas zierte. Gerade mal genug‚ um die Miete für eine bescheidene kleine Wohnung zu bezahlen, von der sie in „Diamonds are a girls best friend“ so hinreißend zu singen wusste. 60 Jahre später wurde sie zur Namens­geberin eines mit Luxus-Wohnungen ausgestatteten Wolkenkratzerpaares im kanadischen Toronto. Die runden Formen der gegen Himmel strebenden Skyscraper waren Anlass für die assoziative Namensgebung.

von HELGA KUSOLITSCH

Entertainment for men
So jedenfalls war und ist Playboy’s Untertitel und das umfasste von Anfang an nicht nur nacktes Fleisch und wollüstige Kurven, sondern auch Architektur und Design. Und genau dieser Vermittlungsrolle des Playboy-Magazins bei der Verbreitung und Förderung der Avantgarde-Architektur der 1950er bis 1970er Jahre hat sich eine derzeit laufende Ausstellung im Architekturmuseum in Frankfurt am Main angenommen, die von der US-amerikanischen Architekturhistorikerin Beatriz Colomina, Princeton University, kuratiert wurde.

Die Schau dreht sich - nach Stationen in Maastricht und Rotterdam nun erstmals im deutschsprachigen Raum - im Kern um den Hochglanz selbst. Im Zentrum der Ausstellung steht das sogenannte Archiv, in dem sich der designaffine Leser ins Studium der originalen Playboy-Magazine von 1953 bis 1979 vertiefen kann - Durchblättern mit rein wissenschaftlichem Interesse, versteht sich. Denn zwischen Centerfolds und erotischen Fotografien stößt man immer wieder auf Artikel und Interviews von und mit berühmten Intellektuellen. Der Playboy war nicht nur in sexualmoralischen und politischen Belangen sondern auch in der Literatur, Musik und der bildenden Kunst von progressiver Haltung.

Design for living ©Fotos: www.dam-online.de

Avantgardistische Architektur und futuristische Interieurs
Weit weniger bekannt ist, dass das Heft darüber hinaus zahlreiche Artikel über avantgardistische Architekturen, ausgefallene futuristische Interieurs und Designklassiker veröffentlichte. Wer die Hefte durchblättert, stößt auf Architekturikonen wie Moshe Safdies Habitat 67 Siedlung oder auf Buckminster Fullers utopische Architekturvisionen. Interviews und Porträts namhafter Architekten wie Mies van der Rohe und Frank Lloyd Wright boten einen theoretischen Zugang zur Avantgardearchitektur. Mit Wright war übrigens auch Marilyn Monroe näher in Kontakt getreten - rein platonisch versteht sich - als sie und Arthur Miller einen Entwurf für das gemeinsame Landhaus in Connecticut orderten und zu dem Zeitpunkt schon verheiratet waren.

Jenseits der Einfamilienhausidylle
Zielgruppe des Playboy-Magazins waren eher die ledigen Herren. Sie entführte das Erotikmagazin in visionäre architektonische Entwürfe jenseits biederer Einfamilienhausidylle. Vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der Bürgerrechtsbewegung erschufen die Zeitungsmacher rund um Hugh Hefner das Role Model des designaffinen Junggesellen, der ganze Generationen beeinflusste und via TV und Kino - mit James Bond als einem seiner prominentesten Vertreter - eine noch größere Breitenwirksamkeit entfaltete. Mit farbenfrohen Skizzen und illustrierten Entwürfen für romantische Hide-Aways oder durchdesignte Junggesellenwohnungen dienten die Hefte als Inspirationsquelle für die Gestaltung der eigenen vier Wände und enthielten gezielte Kaufanleitungen, um jedermann sein eigenes urbanes, fortschrittliches Interieur zu ermöglichen. Zu diesem Zwecke räkeln sich dann auch leichtbekleidete Play Mates auf den Designerstühlen von Charles Eames, Eeno Saarinen oder Francisco Bertoia - sodass das Fokussieren zwischen Nippes oder Nippel schon mal schwer fallen kann. Auf diese Weise wurde der Abonnent zum zeitgemäßen Wohnen erzogen und das Einrichten erstmals auch in eine männliche Domäne überführt.

Bed Townhouse ©Fotos: www.dam-online.de
Bed Townhouse

Zu viel Phantasie für ein schlichtes Hausfrauen-Dasein
Möbel, Modelle und Designobjekte, Video-Clips und Musik ergänzen die reich bebilderte Schau, die in Kapiteln wie Architektur und Playboy, Bachelor Pad oder Stadt zeigt auf, darlegen wie Architektur und Design auf vielfältigste Art und Weise an den Leser vermittelt wurden. Den Abstieg des Playboy vom intellektuellen Magazin zum gehobenen Sexheft, der in den 1970ern seinen Anfang nahm, hat Marilyn Monroe nicht mehr erlebt. 1962 schon war sie in ihrem Haus unweit des Sunset Boulevards in Los Angeles aus dem Leben geschieden. Das war übrigens die letzte von mehr als 50 Wohnadressen, die sie im Laufe ihres kurzen Lebens angesammelt hatte. Marilyn, die es laut Eigendefinition hasste, ein Sexsymbol zu sein, für ein Hausfrauen-Dasein aber schlicht zu viel Phantasie gehabt hätte...

PLAYBOY ARCHITEKTUR
1953–1979.
Deutsches Architekturmuseum
Frankfurt am Main.
Bis 20. April 2014
www.dam-online.de

Fotos: www.dam-online.de